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Antifaschismus strafbar?

Frank Baier

  • Lesedauer: 3 Min.

? Neonazis versuchten am Wochenende, in zahlreichen Städten aufzumarschieren. Sie sind am Sonnabend in Halle festgenommen worden, als sich laut Polizei 50 Neonazis und 30 bis 40 linke Gegendemonstranten auf dem Marktplatz formierten. Was ist passiert?

Die Polizei hat auch in Sachsen-Anhalt versucht, sogenannte Rudolf-Heß-Märsche der Rechtsextremen zu verhindern. Der Polizeipräsident von Halle, Günter Hermann, war aber offensichtlich gewillt, auch gegen Antifaschistinnen vorzugehen. Die Tatvorwürfe gegen die sechs festgenommenen Antifas sind völlig absurd. Ich selbst bin festgenommen worden, weil ich fotografierte.

? Es soll auch zu Prügeleien zwischen Rechten und Linken gekommen sein.

Das ganze Ereignis in Halle wird von der Polizei aufgebauscht. Zum Tatvorwurf der Körperverletzung gehören im allgemeinen eine oder mehrere geschädigte Personen. Davon ist bisher nichts bekannt. Lediglich ein Nazikader, der bis Sonntag früh von der Polizei in Verhinderungsgewahrsam genommen wurde, gab in der Vernehmung an, einen Schlag gegen die Schulter bekommen zu haben. Bei dem Betroffenen handelt es sich um den halleschen Neonazi Konrad Roock, der auch Polizeieinschätzungen zufolge einer der Organisatoren des versuchten Naziaufmarsches war

Ich halte es für ein außerordentlich seltsames Vorgehen der Polizei, mich für das Fotografieren dieses Menschen sieben Stunden auf dem Revier festzuhalten.

? Man wirft Ihnen aber doch wohl nicht

bloß Fotografieren eines Neonazis vor?

Der Vorwurf lautet Landfriedensbruch. Festgehalten wurde ich aber mit der Begründung, ich solle das Fotografieren lassen. Erst 20 Minuten später wurde der Tatvorwurf geändert. Die PDS Sachsen-Anhalts ist immer davon ausgegangen, daß Antifaschismus nicht nur Sache von Polizeieinsätzen ist, sondern von öffentlichem und demokratischem Widerstand.

? Jedenfalls konnte ein Naziaufmarsch verhindert werden.

Richtig. Die Neonazis haben es nicht geschafft, sich auf dem halleschen Markt zu formieren. Das lag an der Anwesenheit zahlreicher Antifaschistinnen und natürlich auch an der Polizeipräsenz. Unklar ist mir, warum der eigentlich eindeutige Polizeiauftrag, Neonaziaufmärsche zu verhindern, dann zu einer Verfolgung von Antifaschistinnen wurde. Mir ist nicht bekannt, daß die 50 Nazis von der Polizei zugeführt, festgenommen oder ihrerseits mit dem Vorwurf des Landfriedensbruchs konfrontiert wurden.

? Warum hat es ausgerechnet Sie erwischt?

Zunächst war es wohl nur der Einsatz eines übereifrigen Beamten. Aber bereits eine Viertelstunde nach der Festnahme informierte die Polizei die Medien und versuchte, mit meiner Festnahme Stimmung gegen die PDS zu machen. Inzwischen verbreitet die Polizei eine Pressemitteilung, in der es wahrheitswidrig heißt, ich sei wegen des Verdachts auf Körperverletzung festgenommen worden. Vielleicht will sich die hallesche Polizei in der Folge zu den ebenso üblichen wie absurden Extremismuskonstruktionen versteigen.

? Gibt es dafür Anhaltspunkte?

Anläßlich einer erlaubten Veranstaltung mit Neonazikadern in Halle wurde versucht, mit unwahren Behauptungen die PDS als Anstifterin von militanten Gegenaktionen sogenannter Chaoten, also Punks, darzustellen. In den letzten Wochen hat die Polizei darüber hinaus immer wieder versucht, öffentlichen Widerstand gegen Nazis zu behindern und den Kampf gegen Rechtsextremismus als ausschließlich polizeiliches Problem darzustellen. Interview: Benjamin Puck

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