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Etappensieg in Boizenburg

  • Claudia Schreyer, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.

Einen Etappensieg konnten am Dienstagmorgen die Schiffbauer auf der Elbewerft Boizenburg, die den Betrieb seit acht Tagen besetzt halten, verbuchen. Sequester Hans Ulrich Hildebrandt zog sein tags zuvor gestelltes Ultimatum zurück. Sollte die Arbeit an dem Containerschiff in Bremerhaven bis Dienstag früh nicht wiederaufgenommen werden, hatte er gedroht, seine anteilige Finanzierung an der Beschäftigungsgesellschaft zurückzuziehen.

Per Fax schlug er den etwa 300 Beschäftigten jetzt vor, 100 Werftarbeiter auch nach dem 31 August weiterzubeschäftigen. Damit stünde die Werft einem Investor nicht als Industriebrache, sondern als produzierender Industrie Standort zur Verfügung. Zudem würde die Kernmannschaft nicht auseinandergerissen, und deren Geld stünde für die Auffanglösung der restlichen 200 Mitarbeiter zur Verfügung.

Das hieße, daß die für vier Monate geplante Beschäftigungsgesellschaft für fünf bis sechs Monate finanziert werden könnte. Sollte die Nürnberger Bundesanstaltfür Arbeit am Mittwoch darüber hinaus Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds für die Qualifizierung der Werftarbeiter bewilligen, könnte die Übergangslösung auf acht Monate ausgedehnt werden. Das ist nach Ansicht

des Betriebsrats eine realistische Frist, um einen Investor zu finden. Auch wenn sich die Stimmung auf der besetzten Werft etwas verbesserte, von »eitel Freude« könne keine Rede sein, sagte der Sprecher des Betriebsrats, Horst Troschke. Die Belegschaft mißtraut den Vorschlägen des Sequesters, der auch gestern nicht bereit war, sich ihren Fragen zu stellen. Dabei gibt es reichlich Klärungsbedarf. So wollen die Mitarbeiter wissen, wer für die Löhne der 100 Beschäftigten aufkommen soll. Wenn es bereits Interessenten für den Standort gibt, wie weit sind dann die Verhandlungen, und woher sollen die Aufträge kommen? Soll die Elbewerft eine Kompaktwerft bleiben oder nur noch Zulieferer?

Bis diese und weitere Fragen geklärt sind, bleibt der Betrieb vorläufig besetzt, sagte Troschke. Die Schiffbauer ließen sich nicht mehr unter Druck setzen oder bedrohen. Auch bei der Gewerkschaft stößt das Verhalten Hildebrandts auf scharfe Kritik. »Die Werftarbeiter sollen bezahlen, was die Treuhand vermasselt hat«, sagte der 1 Bevollmächtigte der zuständigen IG-Metall-Verwaltungsstelle Bergedorf, Uwe Mallmann. Auch die jüngsten Pläne des Sequesters sähen vor, Mittel aus dem Betrieb für die Übergangslösung heranzuziehen. »Das ist, als wenn sie zum Essen eingeladen würden, die Zeche aber selbst bezahlen sollen«, so Mallmann. Hildebrandt müsse »klar und deutlich« Auskunft über das Finanzierungskonzept geben, dazu sei er der Belegschaft gegenüber verpflichtet.

Mit Enttäuschung reagierten die Beschäftigten auf die »nichtssagende Antwort« des Ministerpräsidenten Berndt Seite (CDU), an den sie sich mit der Bitte um Unterstützung gewandt hatten. Betriebsrat und Gewerkschaft erwarten nach wie vor ein stärkeres Engagement der Landesregierung und der BvS, »denn hier geht es um die Existenz einer ganzen Region«, betonte Mallmann.

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