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Daran glaube ich

  • Brigitte Berendonk*
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Skandal um das Hormon-Doping im Spitzensport beruhigt sich nicht: Die Enthüllungen, Selbstbekenntnisse und die positiven Doping-Proben haben anscheinend auch einige jener Sportfreunde geschockt, die bislang »das alles« immer noch nicht wahrhaben wollten.

Wer noch an Olympia glaubt, muß jetzt endlich Flagge zeigen, muß das kompromißlerische Taktieren sein lassen, muß antreten zum Kampf gegen die Hydra des Dopings. Noch gibt es Hoffnung, daß der Sport nicht zu Tode manipuliert wird.

Ich jedenfalls kann noch nicht glauben, daß Sport- und Staatsführung weiterhin so tatenlos, achselzuckend, ja fördernd dem Buschfeuer des Dopings zusehen. Ich kann nicht glauben, daß Herr Daume und Minister Maihofer weiterhin ein System unterstützen, das talentierte Mädchen vor die Wahl stellt, entweder Anabolika zu nehmen und sich vermännlichen zu lassen oder mit dem Leistungssport aufzuhören. Ich kann nicht glauben, daß weiterhin aus Steuermitteln das Doping von Kindern und Frauen finanziert wird, daß Beamte und Angestellte des Staates erwiesenermaßen die Gesetze übertreten und Menschen gefährden dürfen. Ich kann nicht glauben, daß die beträchtlichen Kosten für die Doping-Präparate weiterhin von Sporthilfemitteln abgezweigt oder sogar von Ersatzkrankenkassen erstattet werden. Ich kann nicht glauben, daß in den Bonner

Ministerien weiterhin jene Schizophrenie anhält: daß das Innenministerium die Praktiken und Propagatoren des Hormon-Dopings bezahlt und deckt, während die Ministerien für Gesundheit und für Forschung die Risiken schädlicher Nebenwirkungen solcher Präparate für so bedenklich halten, daß sie entsprechende Forschungsprojekte fördern. An der Behandlung der Doping-Frage wird sich auch erweisen, inwieweit die geistige Substanz unseres Sports und unseres Staates bereits - ad majorem nationis gloriam - korrumpiert ist. Der Tempel des Sports - daran glaube ich - kann gesäubert werden: Aber erst muß wohl einmal die Herren Olympier der große Zorn packen, der ihnen die Kraft und die Ausdauer gibt, alle hinauszuprügeln: die Drogenhändler und Doping^ArztBi Vir rilisierer und Jugendverführer, die promovierten und nichtpromovierten Spritzenmephistos, die sich am Rande der Stadien breitgemacht haben: Wo ein Wille ist, da ist bestimmt auch ein Weg.

* Der Beitrag wurde am 13. November 1977 in der »Welt am Sonntag« veröffentlicht. Der darin von der ehemaligen Leichtathletin und heutigen Sportpädagogin Brigitte Berendonk, Autorin des Buches »Doping-Dokumente«, erhobene Vorwurf des Staats- und Kinderdopings, der Verwendung von Sporthilfsmitteln und der Beteiligung von Ersatzkrankenkassen an der Finanzierung von Dopingmitteln sowie der staatlichen Dopingforschung in der Bundesrepublik Deutschland hatte keinerlei juristische Folgen, so daß man davon ausgehen kann, daß sie damals wohl die Wahrheit geschrieben hat.

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