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Die Erben der Gutsbesitzer lassen nichts unversucht

  • Lesedauer: 3 Min.

Zur Debatte »Das Bodenreformland zurückgeben?« (15.5.):

Wer dieser Tage im Mecklenburgischen vielleicht von Schwerin über Crivitz nach Parchim unterwegs ist, derstößt auf zwei oft nebeneinander hängende Plakate zur Bodenreform. Neben der PDS-Forderung »Hände weg von der Bodenreform!«, wobei dieser Partei jeder abnimmt, daß sie gegen die Rückkehr der Gutsbesitzer ist, plakatiert Ministerpräsident Bernhard Seite (CDU) »Die Bodenreform ist sicher«, so als hätte er nie anderslautende Erklärungen von Mitgliedern seiner Partei wie des Berliner CDU-Spitzenkandidaten Prof. Rupert Scholz gehört. Wer nun den Artikel von Joachim Hosang gelesen hat, weiß, daß die Bodenreform leider immer noch nicht sicher ist, daß die Erben der ehemaligen Gutsbesitzer nichts unversucht lassen werden, um sie rückgängig zu machen. Und weil besonders in Mecklenburg-Vorpommern weit über die Bauernschaft hinaus heute viele, die auf dem Lande leben, Bodenreformland besitzen oder nutzen, ist die Verunsicherung groß. Zwar verspricht Hosang wie mancher vor ihm: »Die Eigentumsrechte der sogenannten Siedler und vor allem ihre Wöhngrundstücke sind niemals bestritten worden.« Aber wenn 1 erst“ einmal die Bodehre-

form als Unrecht erklärt ist, sind Versprechungen dieser Art nicht justiziabel, kann ihr Bruch nicht vor Gericht eingeklagt werden.

Tatsächlich ist die Bodenreform unabhängig von bezeichnenden Gedächtnislücken Gorbatschows durch Artikel 14, 15 GG eindeutig gedeckt. Damalige Fälle von Ungerechtigkeiten und Gewalt sollen damit keineswegs beschönigt, aber sie sollen auch nicht übertrieben werden. Vor allem geht es nicht an, dafür heute diejenigen zu bestrafen, die daran keinerlei Schuld hatten. So kann es in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz nur noch um die Höhe der Entschädigung der »Alteigentümer« gehen.

Sollte allerdings der mühsam erarbeitete Kompromiß der im EALG enthaltenen Flächenerwerbsverordnung durch die Klage ehemaliger Gutsbesitzer in Brüssel gekippt werden, entsteht eine neue Situation. Dann wird die Beweisführung von Roland Geitmann aktuell, wenigstens das Bodenreformland der BWG in öffentlicher Hand zu belassen, Ländern oder Kommunen zu übergeben und den heutigen Nutzern langfristigst zu verpachten.

Und noch eine Bemerkung: Abgesehen von der Lösung des Umsiedlerproblems war eine Bodenreform besonders östlich der Elbe der Traum vieler Generationen von Wanderarbeitern, Häuslern und Büdnern. An ihrer Landlo-

sigkeit beziehungsweise Landarmut waren sie nicht etwa selbst durch Mißwirtschaft ihrer Vorväter schuld, sondern der Adel hatte den Bauern das Land im Mittelalter schlicht geraubt. Wie der Hagenower Amtshauptmann Scharenberg in einem 1926 erschienenen Buch »Die Sünden der mecklenburgischen Ritterschaft« bei der Begründung einer Bodenreform für Mecklenburg-Schwerin nachgewiesen hat, gingen 1621 durch das Assekurationsgesetz bis dahin freie Bauern ihres

Landes verlustig, wenn sie keine schriftlichen Urkunden über ihr erbliches Recht vorlegen konnten. Später wurden dann die Stein-Hardenbergischen Reformen unterlaufen und so weiter...

Prof. Hans Luft 12437 Berlin

Herr Hosang mag ja etwas von Landwirtschaft verstehen, aber nichts vom Völker- und Kriegsrecht. Er irrt mit seiner Behauptung, »derartige Konfiskationen« seien »schon in der Haager Land-

kriegsordnung untersagt«, wobei er vermeidet, die genaue Vorschrift anzugeben. Vor allem aber übersieht er, daß die Bodenreform nach der bedingungslosen Kapitulation und nach dem Potsdamer Abkommen durchgeführt wurde, also nach Kriegsende und daher in einem Zeitraum, auf den die Haager Landkriegsordnung nicht zutrifft.

Prof. Erich Buchholz 12435 Berlin

Der eigentliche Zweck der Übung erschließt sich, wenn man den Artikel von Hosang genau betrachtet. Für Bördeland erlöst man spielend 120 000 Mark für acht bis neun Hektar Das macht, auf 114 Hektar umgerechnet, ungefähr 1 700 000 Mark. Da kann man schon über ein entgangenes Geschäft ins Grübeln kommen.

Johannes Hoetzel

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