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Plauen ärgert die Großen

VFC hat von neun Spielen noch keines verloren / Gute Laune im Vogtlandstadion Von Eckhard Galley

  • Lesedauer: 4 Min.

Im Juli: Plauen gewinnt 3:1 gegen Schalke. Krasselt (I) kommt gegen Tapalovic zu spät Foto: Imago

P lauen im Vogtland. 72 000 Einwohner Einst durch die WEMA (Werkzeugmaschinen) bekannt und ein bißchen auch durch die Fußballer, die ( vor der Wende den Namen de^Ärm'ee-' , Sportgemeinschaft,,.»Vorwärts.« Ctilirfeiw Über die DDR-Liga kamen sie allerdings nie hinaus. Heute spielt der Vogtländische Fußballverein (VFC) in der NOFV-Regionalliga. Er hat in diesem Herbst von neun Spielen bisher noch keines verloren. Hinter dem FC Berlin und dem FSV Zwikkau stehen die Plauener auf Platz drei. Noch schöner für den “VFC formuliert. Chemnitz, Magdeburg, der VfB Leipzig, Union, Erfurt, Aue und Dresden sehen die Plauener in der derzeitigen Tabelle nur von unten. Schickt sich das Mauerblümchen an, in die Phalanx der Ostgrö-ßen einzudringen?

Präsident Lothar Michel (50), einst auch bei der WEMA und heute Chef einer kleinen Firma, die Büros, Hotels, Gaststätten und Hallen mit Mobilar ausstattet, freut sich über den Höhenflug. »Wir streben einen einstelligen Platz an. Wenn wir am Ende im ersten Drittel landen sollten, wäre das prima.«

Es bringt dem VFC aber nichts. Denn erst in der kommenden Saison gibt es die große Rechnung, weil dann nur die ersten Sieben in die neue zweistaffellige dritte Liga aufsteigen. Da will Plauen unbedingt hin. »Für uns sind die jetzigen Spiele die Vorbereitung für das große Kräftemessen im kommenden Jahr«, sagt der Präsident.

Knapp 1,5 Millionen Mark umfaßt der Etat. Das klingt nach viel, wird aber künftig nicht reichen. Rund 30 Sponsoren unterstützen den Fußballverein. Die Spieler tragen auf ihren Trikots den Namen der Sternquell Brauerei. Die produziert den Gerstensaft - in Plauen. Seit Steffen Dünger sich als Geschäftsführer um das Management kümmert, gibt es Achtungserfolge. Dünger gründete den »Klub der 100«, deren Mitglieder jährlich 2000 Mark rüberreichen. 40 Geldgeber hat er schon gewonnen. Und für jene, deren Portemonnaie nicht so prall ist, gibt es den neuen Pool »VFC 2000«. Wer hier Mitglied werden will, ist mit 500 Mark jährlich dabei.

Überhaupt, so lobt der Präsident seinen Macher, hat sich nicht nur auf dem Platz manches verbessert. Die Pressekonferenzen haben mehr Niveau als frü-

her Medienleute müssen umgarnt werden. Vor allem aber- Die Plauener stehen hinter ihrer Mannschaft. Um die 3500 kommen zu den Heimspielen. Mehr als beispielsweise zum Zweitligisten TeBe in Berlin. Der Präsident spricht von »Euphorie«. Früher hatte Plauen im DDR-Fußball keine Basis. Die Besten, wie beispielsweise Werner Bamberger, gingen fort. Der Stürmer schoß für Wismut Karl-Marx-Stadt Tore. Auch im Europapokal. Heute sind alle gleich. Es hängt fast alles von den Machern ab. In Plauen wollen sie weiter möglichst viel für den VFC herauskitzeln. Der Präsident sieht die Lokalpolitiker noch zu sehr zurückgelehnt. »Wir Fußballer tun viel für das Renommee der Stadt. Deshalb hoffen wir auf das Engagement von OB Dr Magerkort und Landrat Dr Lenk.«

Theoretisch kann der VFC im nächsten Jahr sogar in der zweiten Bundesliga spielen. Voraussetzung wäre Platz eins zum Abschluß der Reginonalliga. »Nein, nein. So vermessen sind wir nicht. So schnell wie du oben bist, kannst du auch wieder unten sein. Es gibt keine Durchläufer mehr wie zuletzt mit Cottbus und Tennis Borussia. Wichtig ist, daß wir un-

sere gute Ausgangslage für das Fernziel dritte Liga nicht aufs Spiel setzen«, denkt Lothar Michel.

Einen ersten kleinen Dämpfer könnte es schon morgen geben, wenn der Senkrechtstarter beim VfB Leipzig anzutreten hat. Trainer Frank Papritz (43), früher mal bei Aktivist Schwarze Pumpe aktiv, optimistisch: »Wir fahren nach Leipzig, um zu punkten. Ich rechne, daß 400 Zuschauer von uns mitkommen.« Papritz hat auf die Frage nach der Stärke der Mannschaft eine überraschende Antwort: »Keine Stars.« Nur einer (Bade nach Erfurt) ging vor der Saison weg. Drei Spieler vom Dresdner SC kamen zum VFC und erkämpften sich einen Stammplatz.

»Unsere Stärke ist die mannschaftliche Geschlossenheit, unsere Schwächen liegen in der Spielgestaltung und in der Chancenverwertung. Wir spielen frech, frisch und selbstbewußt«, sagt der Trainer, der seit 1993 die Mannschaft betreut. Die meisten gehen einem Job nach. Training ist deshalb erst ab 17.30 Uhr Kapitän Jens Starke hat dann seinen Arbeitstag als Abteilungsleiter in einem Möbelhaus hinter sich. Fußball ist in Plauen noch etwas Normales.

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