Ein Wanderweg voller Granaten und Minen
Einstige Übungsplätze weiter munitionsverseucht Nur bei gelber Markierung ist Betreten erlaubt Von Bernd Baumann
Die einstmaligen Truppenübungs- und Schießplätze der russischen Streitkräfte im Lande bleiben gefährlich. Allzuviel Munition ist im Erdreich verblieben, könnte durchaus noch scharf sein und deswegen jederzeit explodieren.
Doch sieht sich die Brandenburgische Bodengesellschaft (BBG) - Eigentümerin der einstigen Militärflächen - jetzt unter einem gewissen Druck, wenigstens einige Gebiete für jedermann freizugeben. »Wir sind aus juristischen Gründen dazu verpflichtet, die Bürger auf die Gefahren aufmerksam zu machen«, meinte BBG-Geschäftsführer Joachim Klinke. Immer wieder aber bekomme er zu hören, man habe bereits früher auf den russischen Übungsplätzen Pilze gesucht und es sei
nie etwas passiert. »Das aber kann ms Auge gehen«, so Klinke. Bisher war der Zutritt generell verboten. »Trotz Freigabe trägt jedoch auch künftig jeder selbst'das Risiko«, warnte die BBG.
Auf neun der ausgedehntesten Übungsplätze in allen Landesteilen wurden inzwischen drei unterschiedliche Sicherheitszonen kenntlich gemacht. Ihre Gesamtfläche beträgt fast 40 000 Hektar »Bis Ende 1999 werden die restlichen 15 Übungsplätze markiert«, versprach Klinke. Sie erstrecken sich nochmals über ein Gelände von 15 000 Hektar
Für das Projekt mußte die BBG bisher eine Million Mark aufbringen. Nötig waren aufwendige Bodenuntersuchungen, um die Munitionsbelastung festzustellen. Rund 10 000 Schilder wurden seit dem Sommer angebracht. Außerdem geben Farbmarkierungen an den Bäumen den Grad der Munitionsbelastung an. »Nur
bei Gelb ist das Betreten auf eigene Gefahr möglich«, sagte Klinke. Blau verweise hingegen auf eine erhebliche Munitionsverseuchung. Und bei Rot bestehe sogar akute Lebensgefahr Bei letzteren beiden Farben bleibe deshalb das Betreten auch weiterhin untersagt.
Größter der inzwischen markierten Übungsplätze ist Jüterbog-Ost (Potsdam-Mittelmark) mit knapp 12 000 Hektar Auch die von Lieberose (4100 Hektar) und Dubrow (2200 Hektar) im Landkreis Oder-Spree sind »ausgeschildert«. Besonders durch Einwirkungen von außen könne die im Boden verborgene Munition explodieren. Als Auslöser kommen umstürzende Bäume, Wild oder auch Waldbrände werden. Außerdem wisse niemand, ob und wo die Russen kurz vor ihrem Abzug tatsächlich Granaten und Patronen in großem Stile verbuddelt hätten.
Die Hälfte aller ehemaligen russischen Liegenschaften in Ostdeutschland befindet sich bekanntlich in Brandenburg. »Wir müssen noch bis weit ins nächste Jahrtausend hinein mit der Munitionsbelastung leben«, betonte Klinke. Wie hoch diese hier und da sein kann, zeigt der frühere Truppenübungsplatz Döberitzer Heide nahe Potsdam. Als ein inzwischen freigegebener Wanderweg von vier Kilometern Länge beräumt wurde, fand man 83 Granaten, 21 Minen sowie 36 kleinere, scharfe Raketen.
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