Symbol der DDR-Braunkohleveredlung verliert seine letzten Schornsteine
Wie bei der Sprengung mißlang vieles beim Umbau von Schwarze Pumpe Von Ronald Ufer, ADN
Zwei Schornsteine fielen ordnungsgemäß, einer stürzte ins Maschinenhaus Foto: dpa/Schutt
(ADN). Der Stolz der DDR-Braunkohlenindustrie, das frühere Gaskombinat Schwarze Pumpe, verlor am Sonnabend drei Schornsteine. Im einstmals größten Braunkohleveredlungskomplex Europas wurden die 120 Meter hohen Schornsteine des Kraftwerks West gesprengt. Es war 1998 stillgelegt worden, als die Vereinigte Energiewerke AG (Veag) nebenan das weltweit modernste Braunkohlekraftwerk in Betrieb genommen hatte. Die fünf Schornsteine der beiden anderen Altkraftwerke am Standort sollen bis Monatsende fallen.
Die Sprengung war symptomatisch für die Entwicklung des in den 50er und 60er Jahren zur Sicherung der Strom-, Gasund Brikettversorgung der DDR errichteten Komplexes nach der Wende. Ein Schornstein fiel in die falsche Richtung und beschädigte ein Gebäude und eine Heißwässerleitung für Produktionsanla-
gen. Auch die Bemühungen, den Veredlungskomplex mit riesigem Gaswerk, Brikettfabriken, Hüttenkoksproduktion, Kraftwerken, Werkstätten, Sozial- und Kulturstätten zu sichern, brachten nur Teilerfolge.
Stadtgas (aus Braunkohle) hatte gegen das billigere und energiereichere Erdgas keine Chance. Die Produktion endete Anfang der 90er Jahre. Ein Teil der Anlagen blieb erhalten, dort vergast das Sekundärrohstoff-Verwertungszentrum Schwarze Pumpe stark- und mittelbelastete Abfälle.
Die Lausitzer Braunkohle AG hat ihre Brikettproduktion in Schwarze Pumpe konzentriert, konnte aber nur eine der drei Fabriken erhalten. Um den Rückgang zu kompensieren, wurde dort die Produktion zukunftsträchtiger veredelter Brennstoffe wie Braunkohlenstaub und Wirbelschichtkohle für moderne Kraftund Heizwerke, die Zementindustrie, Asphaltmischanlagen und weitere Nutzer angesiedelt. Erhalten blieben wenige Werkstätten in Regie der Laubag und ei-
nige Ausgründungen. Die Lehrausbildung kann nur durch zentralisierte Ausbildung für alle Laubag-Bereiche ausgelastet wer-
den. Die Sprengungen setzen den Schlußpunkt unter die Bemühungen, den Veredlungskomplex zu erhalten. Neben der schwierigen Wirtschaftslage und der'Umstrukturierung der Energiewirtschaft hatte die geografische Lage zum Scheitern vieler Pläne beigetragen. Die Landesgrenze zwischen Brandenburg und Sachsen läuft durch das Areal und viele Gebäude, bei Genehmigungen und Kontrollen mußten sich immer mehrere Behörden einigen.
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