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Der Scharfsichtige gewinnt

Gute Beobachtungsgabe steigert die Erfolgschancen beim Roulette

  • Lesedauer: 4 Min.
PIERRE BASIEUX (61) studiert seit vier Jahrzehnten den Tanz der Kugeln im Roulette-Kessel: Der promovierte Mathematiker behauptet, dass im scheinbaren Chaos physikalische Gesetze regieren, die man bloß kennen muss, um auf die richtigen Zahlen zu tippen. ND-Mitarbeiter RENÉ GRALLA hat nachgefragt.
ND: Chips vom Spieltisch klauen, das sei im Roulette der einzig sichere Weg zum Gewinn. Eine Aussage, die Albert Einstein zugeschrieben wird...
Basieux: ...und die auch stimmt, jedenfalls was das klassische Roulette betrifft. Anders sieht es mit der Methode aus, die Physik von Kessel- und Kugellauf auszunutzen. Das ist eine Methode, die Einstein nicht kannte.

Mit klassischem Roulette meinen Sie eine Spielweise...
...die ausschließlich auf Wahrscheinlichkeitsprognosen setzt. Alle Systeme, die hierzu entwickelt worden sind, führen auf lange Sicht zu keiner positiven Gewinnerwartung.

Selbst wenn jemand nur auf Rot oder Schwarz setzt? Wenigstens auf lange Sicht sollte sich die Häufigkeit von Rot und Schwarz ausgleichen - und damit auch das Verhältnis von Gewinn und Verlust.
Oh nein, die Wahrscheinlichkeit, ob beim nächsten Wurf eine der beiden Farben kommt, bleibt immer gleich; die Kugel hat nämlich kein Gedächtnis. Was Sie meinen, ist das Gesetz der großen Zahlen: dass sich die Häufigkeit bestimmter Ereignisse nach unendlich langer Zeit ausgleichen kann.

So dass ein Spieler, wenn er beim Spiel gegen eine Rotserie besonderes Pech hat, seine Verluste vielleicht erst in 20000 Jahren kompensieren kann - nur leider ist der Unglückliche zwischenzeitig verstorben...
... abgesehen davon, dass er schon viel früher das Maximum seiner zulässigen Einsätze bei der Bank überschritten haben dürfte. Sonst würde ja das Verdoppelungsprinzip funktionieren. Aber das funktioniert eben nicht: Weil die Bank eine Höchstgrenze für Einsätze festlegt - und weil ein Spieler nicht unendlich viel Geld hat.

Klingt wenig ermutigend. Trotzdem schreiben Sie Bücher wie »Roulette - Die Zähmung des Zufalls«. Warum?
Wir haben ja auch noch die Physik beim Roulette. Angenommen, ein routinierter alter Croupier spielt stets mit der gleichen Geschwindigkeit. Und ich merke: Immer, wenn er ungefähr von einer bestimmten Stelle aus abwirft, kommt die Sechs oder ein Nachbar der Neun. Dann ist das ja so, als ob ein Tennisspieler ein Geschicklichkeitsspiel betreiben würde; und hier besteht die Geschicklichkeit in der Beurteilung des Croupiers.

Das heißt, der Spieler schätzt ab, wo der Croupier die Kugel in den Kessel bringt und ob sich bei den Zahlen, bei denen die Kugel landet, Permanenzen herausbilden.
...genau: Er versucht, die persönliche Wurfweite des jeweiligen Croupiers herauszufinden. Vergessen Sie nicht: Wenn ich fünf Menschen habe, die alle einen Ball in eine Richtung werfen - und jeder zehn Mal - , dann wird für alle Beteiligten eine persönliche Durchschnittswurfweite herauskommen. Das gilt entsprechend auch für einen Croupier - ob der das will oder nicht: Er ist abhängig von seinen individuellen motorischen Kräften.

Wer nach Ihrer Methode in den Kessel guckt, um zu erkennen, wo die Kugel landen wird, braucht aber sehr gute Augen.
Ach was, so schwer ist das gar nicht. Sie müssen sich nur an zwei, drei Punkten orientieren. Die grüne Zéro können Sie nicht verfehlen; dazu nehmen Sie eine der Rauten im Kessel, unter denen sich wiederum eine Zahl befindet, als Referenzpunkt; wenn Sie gleichzeitig noch im Kopf die Anordnung der Zahlen insgesamt haben, und wenn Sie überdies die Kugel, die vorbeiflitzt, nicht verpassen, dann können Sie aus diesen Informationen eigene Prognosen ableiten.

Demnach sollte der Spieler am Roulettetisch die Würfe des Croupiers und den Lauf der Kugel beobachten; das ist die einzige Herangehensweise, die Erfolg verspricht.
Genau.

Solche »Kesselgucker«, wie die im Jargon heißen, dürften aber rasch Ärger in der Spielbank kriegen.
Deswegen darf ich persönlich, wenn ich in Bayern ein Casino aufsuche, nach dem Wurf der Kugel nicht mehr setzen. Was ja normalerweise so lange zulässig ist, bis der Croupier das bekannte »rien ne va plus«, »Nichts geht mehr«, sagt.

Auf welche Gewinnquote darf ein Kesselgucker hoffen?
Sofern ich im Saal gute Bedingungen für meine Beobachtungen und Berechnungen vorfinde, kann ich, wenn ich 100 Euro einsetze, im Mittel zwischen 160 und 180 Euro wieder rauskriegen. Anders natürlich, falls am Tisch ein Croupier sitzt, der wie ein Metzger wirft und nur Zufallsergebnisse produziert: Dann habe auch ich keine Chance.

Wie viele Casino-Gänger wenden die physikalische Methode an?
Von zwei bis drei Millionen Menschen, die in Deutschland spielen, kenne ich vielleicht 20, die so vorgehen wie ich. Und die Hälfte davon habe ich persönlich eingewiesen.

Man kann bei Ihnen demnach regelrecht Unterricht nehmen?
Natürlich. Ein Zwei-Tage-Kurs kostet 3500 Euro. Vorher verlange ich allerdings ein unverbindliches kostenloses Gespräch: um sicher zu gehen, dass der Kandidat keine überzogenen Vorstellungen hat. Und um auszuschließen, dass er unter Druck steht. Denn dann können Sie meine Methode nicht anwenden; dafür ist sie zu anspruchsvoll.

Bücher von Pierre Basieux: »Roulette - Die Zähmung des Zufalls« (printul); »Faszination Roulette - Phänomene und Fallstudien« (printul); Weitere Infos: www.basieux.de

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