Allein gegen das Kartell

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 3 Min.
Es ist ein wenig ruhiger geworden um die Strömungen der Linkspartei. Das hat unter anderem damit zu tun, dass nach dem Göttinger Parteitag zunächst Reintegration auf der Tagesordnung der LINKEN stand - und weder programmatische noch personalpolitische Entscheidungen zum Flügelschlag einluden. Dessen bisweilen zutage tretende Heftigkeit stieß an der Basis ohnehin auf zunehmende Skepsis.

Die Arbeit in den Strömungsnetzwerken ging dennoch weiter: Sozialistische Linke und Forum demokratischer Sozialismus trafen sich zu Konferenzen. Und die Antikapitalistische Linke diskutierte über ihre Zukunft: Im Sommer setzte sich ein Teil aus dem bisher engeren Kreis von der AKL ab und kündigte an, sich künftig im Verein „Freiheit durch Sozialismus" zu organisieren.

Von „Spaltung" wollte man zwar nicht sprechen. Es gebe „selten Aufbrüche ohne Abschiede", hieß es in einer AKL-Stellungnahme im Juni. Dies sei „bedauerlich" und man hoffe weiterhin auf gute Zusammenarbeit, „zumal es inhaltlich zu diesen GenossInnen kaum Differenzen gibt". Beim Verein "Freiheit durch Sozialismus" klang das freilich etwas anders: Abgesehen von organisationspolitischer Kritik am Kurs der AKL, die sich nun auch offiziell als Zusammenschluss organisiert, gebe es auch „aktuelle inhaltliche und strategische Differenzen".

Nun hat die Antikapitalistische Linke den Entwurf für ein überarbeitetes Programmpapier veröffentlicht - der alte Aufruf stammt aus dem Jahr 2006. „Ohne die wäre DIE LINKE nicht das, was in ihrem Erfurter Programm zum Ausdruck kommt", heißt es in dem Papier. „Wer mehrheitsfähig werden will, indem zentrale programmatische Positionen verwässert oder vergessen werden, wird aller bitterer geschichtlicher Erfahrung nach doppelt verlieren."

Das spielt nicht zuletzt auf die Öffnung unter der neuen Linken-Spitze an, die seit ihrer Wahl in Göttingen bisweilen neue Töne gegenüber SPD und Grünen anschlägt - was in der AKL bereits auf Kritik gestoßen war (siehe unter anderem hier und hier und hier). Um den „Verlockungen des politischen Tagesgeschäftes zu widerstehen, die mit jedem politischen Erfolg der LINKEN nicht kleiner, sondern oft größer werden", sei "eine politische Strömung wie die AKL auch heute" in der Partei "unerlässlich", heißt es in dem Entwurf weiter. Der führt zentrale Forderungen der Strömung auf, vor allem aber geht es um Abgrenzung gegenüber dem „Kartell der anderen Parlamentsparteien".

Ein gemeinsames Lager mit SPD und Grünen wird im Entwurf der neuen AKL-Erklärung als „illusionäres Wunschdenken" bezeichnet. Man dürfe sich „nicht gemein machen mit der ,feinen Gesellschaft'", die parlamentarische Arbeit der Linkspartei müsse „aus ihrer zunehmenden Abgehobenheit in der Seifenblase des Parlamentarismus befreit werden". Widerstand und Veränderungsdruck würden vor allem in sozialen Bewegungen, in Gewerkschaften und durch Selbstorganisierung im Stadtteil oder im Betrieb wachsen.

Die Arbeitsgrundlage war von Thies Gleiss aus dem nordrhein-westfälischen Landesverband der LINKEN formuliert worden, eine Redaktionsgruppe, der unter anderem die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke und Parteivorstandsmitglied Tobias Pflüger angehören, ergänzte das Papier. Nun soll über den Entwurf debattiert werden, eine Abstimmung soll auf der Mitgliederversammlung der AKL im Februar 2013 stattfinden.
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