Rote Linie gegen Racial Profiling
Ein Kommentar zur Reaktion der Polizeigewerkschaft auf ein Urteil
Wie ein nachgeschober Beweis für die „Üblichkeit" der Verstöße gegen international verankerte Verbote, Menschen zu diskriminieren, klingt denn auch die Reaktion der Polizeigewerkschaft DPolG. „Man sieht wieder einmal, die Gerichte machen schöngeistige Rechtspflege, aber richten sich nicht an der Praxis aus", schnodderte deren Vorsitzender Rainer Wendt am Dienstag einer Nachrichtenagentur in den Notizblock.
Was für eine erhellende Äußerung! Einige Polizisten glauben offenbar, in ihrer Uniform stets das Richtige zu tun, wenn sie es für richtig halten. Die Vorstellung, dass das Wirken von Beamten nicht schon deshalb akzeptabel sein muss, weil es jemand mit Dienstausweis ist, der da handelt; die Idee, dass sich Vorurteile und rassistische Einstellungen nicht zuletzt durch diskriminierende Staats-Vertreter verbreiten; der Wille zu wenigstens einem bisschen Selbstkritik was den Umgang mit Migranten und anders Aussehenden angeht - zu diesen Einsichten ist ein „Gewerkschafter" Wendt offenbar nicht fähig.
Oder nicht willens. Die Haltung, die sich in Wendts Herabwürdigung des Urteils ausdrückt, das in Wahrheit ja gar nicht mehr beinhaltet als die Durchsetzung eines menschenrechtlichen Mindeststandards, diese Haltung ist das eigentliche Problem. Und das ist weit verbreitet, nicht nur unter Polizisten.
Das rheinland-pfälzische Oberverwaltungsgericht hat den Uniformträgern jetzt eine rote Linie aufgezeichnet. Dass diese eingehalten wird, dass ein Alltag möglich wird, in dem Menschen, ganz egal wie sie aussehen und wo sie herkommen, nicht mehr diskriminiert werden, das können Gerichte allein nicht besorgen.
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