Erfolgreiche Hamburger Betontaktik
HSV schiebt sich nach 1:0 gegen Mainz nach oben
Die Ästheten des Fußballs waren nicht auf ihre Kosten gekommen. Aber das kümmerte Thorsten Fink nach dem 1:0-Heimsieg gegen den 1. FSV Mainz 05 herzlich wenig. Als der Schlusspfiff ertönte, hatte sich der Trainer des Hamburger SV mit Sportdirektor Frank Arnesen in den Armen gelegen, als hätte der HSV just seinen ersten Titel nach 25 Jahren eingefahren. »Im letzten Jahr hätten wir dieses Spiel verloren«, erklärte Fink hinterher den Jubel. »Letztes Jahr waren wir ja noch die Schießbude der Liga.«
Die Partie im Hamburger Volkspark hatte eigentlich als perfekte Zielscheibe für Berufszyniker gedient. Fehlpass reihte sich an Fehlpass beim HSV, der Spielaufbau ist weiterhin ein Steinbruch, und viele Profis, auch Star Rafael van der Vaart, spielten weit unter ihren Möglichkeiten. Irritierende Pointe war, dass die bis dahin schwächsten Spieler dann am Tor des Tages beteiligt waren - und dass Flankengeber Maxi Beister, bevor er Heung-Min Son den Ball (63. Minute) servierte, im Abseits gestanden hatte.
Entsprechend angefressen war der Mainzer Trainer Thomas Tuchel. Das Tor sei »aus dem Nichts« gekommen, ätzte er und kritisierte den jungen Schiedsrichter Daniel Siebert auch dafür, eine elfmeterreife Szene nicht gepfiffen zu haben. In der Tat hätte sich der ansonsten überzeugende Michael Mancienne nicht über einen Strafstoß beschweren dürfen, nachdem er den Mainzer Torjäger Adám Szalai in der 48. Minute umgerissen hatte. Andererseits sah auch Tuchel ein, dass sein Team die spielerische Überlegenheit nicht entschlossen genug genutzt hatte. Nach dem Führungstor musste Hamburgs Torwart René Adler nur noch zweimal eingreifen.
Fink hingegen feierte die Effektivität seiner Mannschaft. »Das ist sehr unangenehm für einen Gegner, wenn er weiß, dass wir nur wenige Chancen benötigen«, sagt der 45-Jährige. Dass der HSV kein Angriffsfeuerwerk ablieferte, war kein Zufall. Fink hatte nach dem Heimspieldesaster gegen Stuttgart, als die Schwaben zahlreiche Großchancen herausspielten, eine Abwehrmauer befohlen. »Wir haben uns defensiv weiterentwickelt und kaum Chancen hergegeben. Deswegen bin ich sehr zufrieden«, so Fink.
Mit dieser Betontaktik hat sich der Klub, der mit drei Niederlagen in die Saison gestartet war, in der Tabelle mit 17 Punkten fast unbemerkt nach oben geschoben. Trotz nur zwölf geschossener Tore, davon die Hälfte durch Son, liebäugeln die Fans schon wieder mit dem Europapokal.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.