Halbgas geht nicht

Handballer Holger Glandorf spricht über sein schlimmes letztes Jahr und rechtfertigt seine WM-Absage

  • Lesedauer: 3 Min.
Ein verstimmter Bundestrainer, eine verwunderte Öffentlichkeit und viele Fragen: Mit der Absage für die Handball-WM im Januar in Spanien hat HOLGER GLANDORF Zustimmung und Kritik ausgelöst. Der 29-Jährige von der SG Flensburg-Handewitt spricht über die Gründe für seine WM-Absage und die Zeit, als er fast seinen Fuß verlor.

nd: Weshalb haben Sie Ihre Teilnahme an der WM abgesagt?
Glandorf: Ich bin immer noch in der Rehabilitation von meiner Verletzung aus dem April am Fuß. Jetzt sind noch ein paar Komplikationen aufgetreten. Um die Medikation richtig einzustellen, brauche ich eine gewisse Zeit. Zudem habe ich im Januar noch eine Reihe medizinischer Tests vor mir. Die sind wichtig, um bald wieder in meine gewohnte Form zurück zu finden.

Bundestrainer Martin Heuberger hat Ihnen in Gesprächen Brücken gebaut für die WM-Teilnahme. Sie haben trotzdem abgelehnt. Wie hat er darauf reagiert?
Natürlich war er enttäuscht. Das kann ich absolut nachvollziehen. Ich bin auch traurig, dass ich absagen musste. Aber fünf Spiele in sieben Tagen in der Vorrunde sind noch zu viel für mich. Zu den Brücken: Was teilweise geschrieben wurde, dass ich später zum Lehrgang kommen sollte zum Beispiel, war für mich neu. Und wer mich und mein Spiel kennt: Ich kann nicht Halbgas. Entweder mache ich das komplett oder gar nicht.

Lassen Sie uns noch mal auf den April zurückkommen: Stimmt es, dass die Gefahr einer Fußamputation bestand?
Ja. Die Ärzte haben relativ schnell den Schluss gezogen, dass es eine Infektion sein kann und mich unter Beobachtung gestellt und sind rechtzeitig eingeschritten. Hätte man den Eingriff zu spät gemacht, hätte es keinen anderen Schritt mehr gegeben. Mir eine Unlust nach all dem Erlebten zu unterstellen, ist schon eine Enttäuschung für mich.

Wann wollen Sie wieder ins Nationalteam zurückkehren?
Wenn es nach mir geht: bald. Ich hoffe, dass ich alles Gesundheitliche im Januar regeln kann, und dass alles vernünftig läuft. Im April stehen sehr wichtige Qualifikationsspiele an. Wenn meine Leistung entsprechend sein sollte, und der Bundestrainer mich dabei haben möchte, stehe ich gern bereit.

Im Verein läuft es bei Ihnen und der Mannschaft trotz der vielen Verletzten richtig rund. Was kann die Mannschaft erreichen?
Wir stehen auf Platz drei und wollen in die Champions League. Wir haben noch zwei Spiele in diesem Jahr und hoffen, dass nach der WM ein Großteil der Verletzten zurückkehrt, damit wir im Kader mehr Breite haben. Das war ja auch ein Thema in den Medien, dass ich im Verein so gut spiele und dann nicht mit zur WM fahre. Da ist die Verletztenmisere auch sehr heikel für mich gewesen.

Warum?
Eigentlich war das ganz anders geplant, dass ich behutsam aufgebaut werde. Dass teilweise fünf Rückraumspieler verletzt waren, hat mir nicht in die Karten gespielt. Ich musste einfach ran. Ich denke, mein Verein musste lange genug auf mich verzichten.

War es denn kein Thema für Sie, auch im Verein erst mal kürzerzutreten?
Wenn wir genug Spieler gehabt hätten, wäre es ein Thema gewesen. Unser Trainer ist ja voll involviert. Er weiß, was los ist. Er versucht, mir trotz der vielen Verletzten Pausen im Spiel zu geben.

Interview: Martin Kloth, dpa

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