Fahndung über Facebook

Thüringen sieht die Jagd im Internet eher skeptisch

  • Lesedauer: 2 Min.

Erfurt (dpa/nd). In Thüringen gehen die Meinungen über polizeiliche Fahndungsaufrufe auf Online-Netzwerken wie Facebook auseinander. Während die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und das Justizministerium einer stärkeren Nutzung sozialer Netzwerke zur Verbrechensbekämpfung aufgeschlossen gegenüberstehen, überwiegen beim Landesdatenschutzbeauftragten und dem Innenministerium Zweifel. Die LINKE-Landtagsfraktion hält die Facebook-Fahndung gar für unverantwortlich. Die Justizminister der Länder lassen derzeit prüfen, ob die Polizei künftig bei Facebook auf Verbrecherjagd gehen kann.

In Niedersachsen gibt es dazu bereits ein Pilotprojekt. So bittet die Polizei in Hannover Internetnutzer seit Längerem über einen eigenen Facebook-Auftritt um Hinweise. Auch in Hessen sucht die Polizei bereits auf diese Weise nach Kriminellen.

»Wir sind optimistisch, eine vernünftige Variante der Nutzung sozialer Netzwerke zu finden«, sagte Justizminister Holger Poppenhäger (SPD). Allerdings müssten zuvor noch einige Fragen zu den Rechtsgrundlagen und dem Datenschutz geklärt werden. Das betreffe zum Beispiel den Umgang mit Bildern und Texten auf dem Portal. Noch offen sei derzeit, wie sichergestellt werden könne, dass Fotos und Fahndungsaufrufe später auch wirklich wieder aus dem Netz verschwinden.

Zurückhaltend ist hingegen Innenminister Jörg Geibert (CDU). Zwar könnten die Neuen Medien nicht negiert werden, doch dürften dabei die Persönlichkeitsrechte nicht ausgeblendet werden, so Geibert. Würden beispielsweise Fahndungsfotos von zu Unrecht Verdächtigen eingestellt, könne das zu einer Stigmatisierung führen. »Wir wollen kein Lynchsystem aufbauen, und wir wollen auch nicht, dass jeder zum Ersatzpolizisten wird und auf eigene Faust auf Verbrecherjagd geht.«

Ähnlich äußerte sich Thüringens Datenschutzbeauftragter Lutz Hasse. Da sich Facebook bislang nicht in die Karten schauen lasse und die Server im Ausland stünden, könne die Sicherheit der Daten weder gewährleistet noch kontrolliert werden. Die Polizei dürfe daher keine personenbezogenen Daten einstellen. Die eigentliche Fahndung müsse auf einem von der Polizei betriebenen Server stehen. Die Beamten könnten dann bei Facebook oder anderen Plattformen Links verbreiten.

Die Facebook-Fahndung käme der Einführung eines Online-Prangers gleich, so die Netzpolitikerin der Linksfraktion, Katharina König. »Fahndungsdaten sind sensible Daten, die nicht in die Hände einer unkontrollierbaren Privatfirma gehören.«

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