Spezialeinheiten in Dresden und Chemnitz werden abgewickelt

Brennende Helme und extrem scharfe Currywurst: Neue Details zu Aufnahmeritualen bei BFE in Sachsen

Angehörige der sächsichen BFE im Einsatz. Beamte aus Dresden und Chemnitz werden nun der Einheit in Leipzig angegliedert.
Angehörige der sächsichen BFE im Einsatz. Beamte aus Dresden und Chemnitz werden nun der Einheit in Leipzig angegliedert.

Im Dezember wurde bekannt, dass die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) Dresden nach Vorwürfen gewalttätiger Aufnahmerituale vom Dienst suspendiert wurde. Berichten zufolge soll es bei den Ritualen unter anderem dazu gekommen sein, dass Anwärtern ein mit Feuerzeugbenzin entzündeter Stahlhelm aufgesetzt wurde. Die Flammen sollen anschließend mit Spaten ausgeschlagen worden sein.

Nach einer neune Kleine Anfrage der Linke-Abgeordneten Jule Nagel gibt es nun weitere Einzelheiten. Demnach sollen am 12. Juni 2024 bei einer Einstandsfeier neue Beamte der BFE gezwungen worden sein, zunächst erhebliche Mengen Alkohol zu trinken und sich die Haare abrasieren zu lassen. Danach sei ihnen »ein Motorradhelm ohne Sichtschutz aufgesetzt und dieser nach dem Einsprühen mit Desinfektionsmittel angezündet« worden. Anschließend soll den neuen Kollegen mit einem Spaten auf den Helm geschlagen worden sein – verbunden mit den Worten »Jetzt gehörst du zur Familie!«

Das sächsische Innenministerium räumte zudem einen zweiten, bislang unbekannten Vorfall ein: Am 26. Oktober sollen neue Beamte in Dresden gezwungen worden sein, »eine extrem scharfe Currywurst, die mit einer starken Gewürzmischung mit einer Schärfe von einer Million Scoville versehen gewesen sein soll, gegen ihren Willen samt der Soße aufzuessen.«

»Was nach pubertärem Unfug klingt, ist verantwortungslos und einer professionellen Behörde unwürdig«, kommentiert Jule Nagel. Die Linke-Politikerin kritisiert, dass erst durch ihre wiederholten Nachfragen Transparenz geschaffen werden musste. Auf ihre frühere Kleine Anfrage hatte das Innenministerium noch mit Verweis auf laufende Ermittlungen die Auskunft verweigert.

Gegen acht Beamte hatte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden nach Bekanntwerden der Vorwürfe im November Ermittlungen wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt und der Nötigung im besonders schweren Fall eingeleitet. Geschädigte sind sechs Bedienstete der BFE. Disziplinarverfahren gibt es gegen 16 Polizisten. Alle von Ermittlungen oder Disziplinarmaßnahmen betroffenen Beamten waren Anfang Januar wieder im Dienst, jedoch wurden ihnen »andere Aufgaben übertragen«.

Als Konsequenz aus den Vorfällen wurde die betroffene Polizeieinheit bereits Mitte Dezember teilweise aufgelöst. Es soll aber eine umfassendere Umstrukturierung geben: Die bisherige Dresdner BFE wird den neuen Angaben zufolge »organisatorisch und personell am Standort des Präsidiums der Bereitschaftspolizei in Leipzig ausgeprägt«. Auch die BFE Chemnitz soll dem Sitz in der Landeshauptstadt angegliedert werden.

Die Ermittlungen hatten nach einer Razzia begonnen, bei der auf Handys der Verdächtigen belastendes Bild- und Videomaterial sichergestellt wurde. Die Untersuchung wird von der beim LKA angesiedelten Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen (INES) und der Generalstaatsanwaltschaft Dresden geführt.

Die Linke-Abgeordnete Jule Nagel fordert grundsätzlich mehr Transparenz von der Polizei: »Richtig professionell wäre es, in Fällen von Verfehlungen selbst volle Transparenz herzustellen – so wie es dem offiziellen Leitbild der Polizei Sachsen entspricht.«

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