Baubeginn für Synagoge in weiter Ferne

Die verschiedenen jüdischen Gemeinden in Potsdam können sich nicht einigen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Abstand zwischen Komödie und Tragödie liegt oft genug im Auge des Betrachters. Die Umstände, unter denen in Potsdam eine Synagoge gebaut werden soll, aber nicht gebaut wird, beschäftigten gestern den Landtag.

»Es gibt einen breiten politischen Konsens, den Synagogenneubau zu unterstützen«, betonte der Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg (LINKE). Ursprünglich sollte die Synagoge 2012 fertig sein. »Welche Chance sieht die Landesregierung für den baldigen Baubeginn?«, fragte Scharfenberg.

Eigentlich keine, wäre die Antwort von Kulturstaatssekretär Martin Gorholt zusammenzufassen. Dabei stellt die Stadt den Baugrund kostenlos zur Verfügung und das Land stellt fünf Millionen Euro in Aussicht. Doch bislang haben sich die verschiedenen jüdischen Glaubensgemeinschafen, die untereinander verstritten sind, nicht verständigen können. Es gibt die Jüdische Gemeinde, die Gesetzestreuen Juden und eine Synagogengemeinde. Das sind die bedeutendsten, nicht die einzigen Gruppen. Bisher kam es unter ihnen zu keiner Einigung, erklärte Gorholt. Die Regierung könne jedoch nur helfen, »wenn es diese Einigung gibt«.

Die alte Potsdamer Synagoge wurde 1938 von den Faschisten geschändet. Beim großen alliierten Luftangriff auf Potsdam im April 1945 brannte die Ruine aus und wurde später abgerissen.

Das Land sieht sich in der Pflicht, für eine neue Synagoge zu sorgen. Es bemüht sich um eine Streitschlichtung. Der Staatssekretär sprach von einer »professionellen Mediation«. Der Prozess laufe seit langem, immerhin habe man sich inzwischen auch über eine »rote Linie« verständigt. Ende 2012 konnte in einigen Fragen Einigung erzielt werden, in anderen aber auch nicht, weshalb es im Februar ein erneutes Treffen geben soll. »Dann kommt es zum Schwur«, sagte Gorholt.

Geklärt werden müsse, welche Variante zu bauen sei, wer der Architekt sein soll, welche Rolle eine Stiftung dabei spielen könne und wer in ihr mitarbeiten könnte. In der Synagoge könnte auch die kürzlich gebildete jüdische Studentengemeinde ihren Platz finden, sagte Gorholt. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn die vielen Gruppen wieder zu einer jüdischen Gemeinde verschmelzen würden. »Aber danach sieht es zur Zeit nicht aus.«

Als im März 2012 eine Einigung zwischen den beiden großen Richtungen nach wenigen Tagen wieder gescheitert war, forderten die Jüdische Gemeinde und der Synagogenbauverein den Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) auf, den Vorgang zur Chefsache zu machen. Der lehnte das jedoch ab und verwies darauf, die Angelegenheit sei beim Kulturministerium in den richtigen Händen.

Streit herrscht unter anderem wegen der Größe des Synagogensaals und der Zahl der Büros im Haus. Es gibt auch die Forderung nach jeweils einer eigenen Synagoge. Die Landesregierung hat aber unmissverständlich erklärt, sie werde ihre Unterstützung auf nur eine Synagoge beschränken.

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