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Brüderle bleibt stumm

Der FDP-Politiker äußert sich nicht zu Sexismus-Vorwürfen und bekommt Hilfe von Parteifreunden

  • Lesedauer: 3 Min.
Rainer Brüderle bleibt bei seinem Schweigen zu den Sexismus-Vorwürfen. Längst geht es in der Debatte nicht mehr nur um ihn. In der Politik und bei Twitter bleibt das Thema ein Aufreger.

Berlin (dpa/nd). Trotz Forderungen nach einer Entschuldigung oder Erklärung schweigt FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle weiterhin eisern zu den Sexismus-Vorwürfen. Beim Neujahrsempfang der NRW-FDP am Sonntag in Düsseldorf erwähnte er die Affäre mit keinem Wort. Dafür melden sich landauf landab Politiker zu Wort - und auch im Internet ist die Debatte über Sexismus in vollem Gange. Die einen attackieren Brüderle für seine Äußerungen zu einer »Stern«-Mitarbeiterin, andere nehmen ihn in Schutz.

Die Vorsitzende des Journalistinnenbundes in Bonn, Andrea Ernst, findet die Sexismus-Debatte dringend notwendig. Dank des »Stern«-Berichts werde endlich über alltäglichen Sexismus gesprochen. Vor allem junge Frauen, Praktikantinnen und Jungredakteurinnen kämen nun zu Wort. Dem ohnehin schon sehr nahen Verhältnis zwischen Presse und Politik tue die Diskussion zudem sehr gut und professionalisiere die Beziehung wieder.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte seine Partei zu Solidarität mit ihrem Frontmann auf. Für den Mann an der Spitze gebe es bei den politischen Konkurrenten und »in einigen Redaktionsstuben kein Pardon mehr«. Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki warf dem »Stern« in der »Bild am Sonntag« vor, Brüderle schaden zu wollen. Er habe ihm aber von einer Klage gegen das Magazin abgeraten. »Denn der Beitrag enthält, soweit ich das überblicken kann, keine falschen Tatsachenbehauptungen.« Für sich selbst wolle er aus der Debatte Konsequenzen ziehen. Zum Beispiel werde er Gespräche an Hotelbars vermeiden, wenn Journalistinnen dabei seien. »Denn natürlich rutscht einem da schon mal eine lockere und nicht gelungene Bemerkung heraus. Jetzt muss ich damit rechnen, dass das gegen mich verwendet wird.«

Grünen-Parteichefin Claudia Roth kritisierte, Frauen würden in der Debatte »mehr und mehr zu Tätern gemacht«, damit die »männlichen Machtverhältnisse« erhalten blieben, sagte sie auf NDR Info. Sie forderte Brüderle zum Handeln auf. »Es wäre nicht schlecht, wenn er sich erklären würde, wenn er sich entschuldigen würde, denn ganz offensichtlich hat die junge Journalistin sich angemacht gefühlt«, sagte sie. »Es ist sehr traurig, dass ganz offensichtlich immer noch Männer meinen, Sexismus sei eine Lappalie oder sogar ihr gutes Recht (...).«

Auch Roths Parteikollegin Renate Künast kritisierte einige Reaktionen auf die Sexismus-Vorwürfe: »Die Frau melde sich nun zu spät, sie hätte doch bitte gleich anders reagieren müssen. Da fehlt nur noch, ein: ›Sie habe es selbst verursacht‹.« Das alles seien Abwehrmechanismen, »die den Spieß umdrehen sollen«.

Abseits vom politischen Parkett ging die Debatte im Kurzmitteilungsdienst Twitter am Wochenende weiter. Seit Beginn der Diskussion erschienen dort Zehntausende Tweets unter dem Hashtag (Schlagwort) Aufschrei. Am Wochenende flossen pro Minute bis zu zehn Tweets zu dem Thema ein.

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