»Rote Bastion« behauptet sich

Überwältigender Wahlsieg der Linksfront im indischen Unionsstaat Tripura

  • Hilmar König
  • Lesedauer: 3 Min.
Indiens letzte »rote Bastion«, der nordöstliche Unionsstaat Tripura, wurde von der seit 1993 regierenden Linksfront verteidigt. Bei Wahlen zur Volksvertretung gewann die Koalition 50 der 60 Abgeordnetensitze.

Das war ein wichtiger Sieg, denn die anderen beiden linken Hochburgen - Kerala und Westbengalen - fielen bei den Wahlen 2011 an die Opposition. Bürgerliche Medien machten daraus untrügliche Zeichen für den endgültigen Abgang der Linken von der politischen Bühne des Landes. Doch Tripuras Wähler trotzten dem: 94 Prozent der 2,3 Millionen gingen an die Wahlurnen - ein Rekord im gesamtindischen Maßstab. Und zum fünften Mal in Folge gaben sie der Linksfront ihr Vertrauen. Die Front erreichte mit 50 der 60 Parlamentssitze das zweitbeste Ergebnis aller Zeiten. 49 Sitze gewann die KP Indiens (Marxistisch), ein Mandat ging an die KPI. Die oppositionelle Kongresspartei zieht lediglich mit zehn Vertretern ins Abgeordnetenhaus ein. Auch das vehemente Werben ihres Stars Rahul Gandhi vermochte das Wahlvolk nicht umzustimmen.

Der Chefminister Tripuras, der 64-jährige Manik Sarkar von der KPI(M), wird also im Amt bleiben. »Wir haben nur versucht, unser Bestes zu geben, um alle Versprechen des Wahlmanifests von 2008 einzulösen«, sagte er nach dem Sieg. Leicht war das nicht denn Tripura stand einst als Synonym für »Terrorismus«, wie Sarkar zugab. Spannungen zwischen Einheimischen - meist Angehörigen indigener Stämme - und zugewanderten Bengalen, die heute rund zwei Drittel der 3.7 Millionen Bewohner Tripuras ausmachen, entluden sich jahrelang in blutigen Auseinandersetzungen. Manik Sarkar brachte die Aufstandsbewegung durch die Bildung eines autonomen Rates der Stammesdistrikte unter Kontrolle und dämmte sie ein. Das Wahlergebnis wertete er als Sieg der Bevölkerung, als deren Anerkennung für Frieden, Stabilität und Entwicklung in den letzten Jahrzehnten.

Selbst Gegner Sarkars räumen ein, dass er ein unbescholtener, bescheidener Politiker ist. Sein Gehalt als Regierungschef - 9200 Rupien (etwa 130 Euro) - gibt er seiner Partei, die ihm 5000 Rupien als monatliche Aufwandsentschädigung zahlt. Der Wert seines gesamten persönlichen Besitzes wird auf nicht mehr als 3500 Euro geschätzt. Er gilt als der »sauberste und ärmste Chefminister Indiens«. Sein Wahlberater Noni Paul äußerte: »Er mag unter finanziellen Gesichtspunkten der ärmste Chefminister sein. Aber wenn es darum geht, die Herzen der Menschen zu erobern, dann ist er der reichste.«

Tripura gehört mit einer Fläche von 10492 Quadratkilometern zu den kleinsten Staaten Indiens. Es ist weitgehend vom Territorium Bangladeschs umschlossen und hat deshalb nur schwache Verbindungen zum »Mutterland«: eine einzige Straße und seit 2009 eine einspurige Eisenbahnlinie ins benachbarte Assam, dazu den Flughafen in der Landeshauptstadt Agartala. Nach dem Index der menschlichen Entwicklung liegt das landwirtschaftlich geprägte Tripura unter den 35 Unionsstaaten und Unionsgebieten auf Position 18. Nach offiziellen Angaben der Zentralstatistik leben 22 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, Tripuras Behörden schätzen sie auf knapp über 50 Prozent. Zweifellos die größte Errungenschaft ist die weit über dem nationalen Durchschnitt liegende Rate von 90 Prozent Lese- und Schreibkundigen.

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