Falkländer wollen britisch bleiben

Großbritannien fordert Argentinien nach Abstimmung zum Einlenken auf

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem überwältigenden Ja der Falkland-Bewohner zum Verbleib bei Großbritannien hat die argentinische Regierung dazu aufgefordert, den Willen der Inselbevölkerung zu achten.

Die Spannung hielt sich in Grenzen: Das Ergebnis des Referendums im britischen Überseegebiet der Falkland-Inseln fiel so klar wie eine DDR-Volkskammerwahl aus: 99,8 Prozent der wahlbeteiligten 1517 dauerhaften Inselbewohner bekräftigten mit ihrem Ja den Wunsch, britisch zu bleiben - zumindest nicht »argentinisch« zu werden. Nur drei Personen stimmten dagegen, wahlberechtigt waren 1672.

Das deutliche Resultat in der maßgeblich von britisch-stämmigen Siedlern bewohnten Inselgruppe ist eine klare Absage an Argentinien, das mit seinem Souveränitätsanspruch über die »Malvinas«, wie es die Inseln nennt, die Befragung ausgelöst hatte. Der Urnengang bei Temperaturen knapp über Null, der vielfach einer in den Farben des Union Jack kostümierten Liebeserklärung an Britannien glich, das seit 1833 Hoheitsrechte ausübt, war von Beobachtern aus Uruguay und Paraguay, Chile und Mexiko verfolgt worden.

Die britische Regierung begrüßte das Resultat. Sie forderte »alle Länder« auf, es zu akzeptieren und die Wünsche der Inselbewohner zu respektieren. Anders Argentinien: Trotz der überwältigenden Bestätigung des Status quo sieht Buenos Aires den Konflikt mit London, der im Frühjahr 1982 zum Krieg mit 255 britischen und 649 argentinischen Todesopfern geführt hatte, keineswegs beigelegt. Argentinien behauptete erneut die Bedeutungslosigkeit des Referendums. Die Meinung der Falkländer sei für die wahre Natur des Souveränitätskonflikts zwischen Argentinien und Großbritannien belanglos. Für die Regierung von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner erklärte Senator Daniel Filmus, enger Vertrauter der Staatschefin, herausfordernd: »Wir verurteilen die Betrügerei, die vorgibt, die Interessen einer künstlich implantierten Bevölkerung zu vertreten. Der Publicity-Trick besitzt vor dem Völkerrecht keine Gültigkeit.«

31 Jahre nach dem Krieg, auch das wurde im Umfeld des Referendums thematisiert, befinden sich die Inseln und das Selbstverständnis von vielen der rund 3000 Bewohner im Wandel. Der Berichterstatter des Londoner »Independent«, bemerkte vor Ort »eine vorsichtig in die Zukunft gerichtete Debatte zu der Frage, was es heute heißt, Falkländer zu sein und ob das fahnenschwenkende Britischsein die einzig langfristige Option für diesen wachsend kosmopolitischen, wohlhabenden und selbstbewussten ehemaligen Außenposten halbfeudaler Schafzucht ist«. Besonders die Generation der nach dem Krieg Geborenen fühle sich zunehmend weder britisch noch argentinisch, sondern »als Falkländer, die bald ihren eigenen Weg in der Welt gehen könnten«.

Daran ist der wirtschaftliche Aufschwung der fernen Inselgruppe entscheidend beteiligt. Die Fischerei allgemein (heute bis zu 60 Prozent des Inselprodukts) und besonders der Tintenfischfang florieren, und ab 2017 soll das erste Erdöl aus dem Küstenschelf mit noch größeren Profitmöglichkeiten fließen. Vorsichtige Schätzungen gehen aktuell von Vorkommen im Wert von fünf Milliarden Dollar aus. Die Einwohnerzahl der Falklands mag verschwindend klein sein, das wirtschaftliche Potenzial des Archipels dagegen ist verlockend. Nicht zuletzt das muss bei dem jetzigen Referendum mitgedacht werden.

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