Attaché soll 35 000 Euro an Angestellte zahlen

Indonesische Angestellte erlebte monatelange »Sklaverei« in Diplomatenhaushalt

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Berlin (dpa/nd). Im Dauerstreit um Entschädigung für die indonesische Hausangestellte eines Diplomaten in Berlin haben sich beide Seiten auf einen Vergleich geeinigt. Demnach soll der frühere Attaché aus Saudi-Arabien der Frau 35 000 Euro zahlen, teilte das Arbeitsgericht in der Hauptstadt am Dienstag mit. Der Rechtsstreit sei erledigt, wenn das Geld bis zum 22. April fließe, sagte Richter Ulrich Kirsch (Aktenzeichen: 36 Ca 3627/11). Beide Seiten können den Vergleich aber noch widerrufen.

Die heute 33-jährige Asiatin hatte ursprünglich 70 000 Euro verlangt. Sie ist inzwischen in ihre Heimat zurückgekehrt und kam auch nicht selbst zu der Verhandlung. Die Frau habe sich nach 19 Monaten »Sklaverei« ein neues Leben aufgebaut und möchte sich nicht ihrer Vergangenheit erinnern, begründete ihr Anwalt Klaus Bertelsmann das Einverständnis mit der deutlich geringeren Summe.

Der Streit war bereits bis zum Bundesarbeitsgericht gegangen. Die Vorinstanzen hatten die Entschädigungsklage der Frau wegen der Immunität des Diplomaten abgelehnt. Erst nachdem dieser ausgereist war und seine Immunität verloren hatte, wurde ein neuer Prozess in der Hauptstadt möglich.

Die Hausangestellte wurde nach eigenen früheren Angaben von der Familie des Diplomaten systematisch misshandelt, erniedrigt und auch eingesperrt. Zwischen April 2009 und Oktober 2010 habe sie bis zu 20 Stunden täglich ohne Lohn arbeiten müssen.

Die Frau konnte mit fremder Hilfe fliehen. Sie wurde in Berlin von der Beratungsstelle für Südostasiatische Frauen »Ban Ying« beraten. Projektkoordinatorin Paula Riedemann sprach am Rande des Prozesses von einem der »extremsten Fälle moderner Sklaverei«.

Die Asiatin habe schon in Saudi-Arabien für die Familie gearbeitet, ohne dass es zu Gewalt kam. Eine mögliche Erklärung seien die rechtlichen Freiräume, die ausländische Diplomaten in Deutschland genießen, meinte Riedemann. »Ban Ying« betreut nach Angaben von Riedemann 10 bis 15 Fälle pro Jahr.

Der Attaché hatte die Vorwürfe stets bestritten. Er habe dem Vergleich aber zugestimmt, »um ein langes Verfahren mit großem Aufwand zu vermeiden«, erklärte sein Anwalt Dietrich von Berg. Der einstige Diplomat habe die Summe aber nicht. Der Anwalt ging davon aus, dass das Königreich Saudi-Arabien die Zahlung übernimmt, »damit das Ansehen des Landes in Deutschland nicht geschädigt« werde.

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