Mal ohne Schlichter
IG BAU-Vize Dietmar Schäfers fordert Angebot von Bau-Arbeitgebern
nd: Die IG BAU fordert für das Bauhauptgewerbe eine Lohnerhöhung von 6,6 Prozent. Das ist die höchste Forderung bisher im Tarifjahr 2013. Wie begründen Sie die?
Schäfers: Also, wir schauen nicht danach, was die anderen fordern. Eine Begründung ist die zu erwartende Inflationsrate von über zwei Prozent. Eine zweite ist der Produktivitätsfortschritt, der auch bei rund zwei Prozent liegt. Und der Rest ist der Attraktivitätsfaktor. Denn das Baugewerbe steht vor großen Herausforderungen, darunter fällt auch die Sicherung der Fachkräfte. In diesem Punkt machen wir uns schon erhebliche Sorgen - im Übrigen die Arbeitgeber auch. Der Bau muss attraktiver werden, dazu gehören auch vernünftige Rahmenbedingungen und vernünftige Einkommen, denn Beschäftigte auf dem Bau verdienen immer noch viele tausend Euro weniger im Jahr als vergleichbare Industriearbeiter.
Zum Thema Fachkräftemangel gehört, die Situation von Auszubildenden zu verbessern - auch eine Ihrer Forderungen. Das müsste doch im Interesse der Arbeitgeber sein.
Ja, sicher. Wir haben ein pfiffiges System im Baugewerbe: Alle Arbeitgeber zahlen einen Umlagebeitrag. Und die Arbeitgeber, die ausbilden, bekommen einen Teil der Ausbildungskosten erstattet. Das reicht aber nicht mehr aus, wenn - wie ich befürchte - nach der Schule nicht der erste Wunsch das Baugewerbe ist. Im Gegensatz zu früher schauen Jugendliche auch, welche Perspektiven der erlernte Beruf bietet. Eine Übernahmegarantie wäre zumindest ein Wettbewerbsvorteil gegenüber vielen anderen Branchen.
Und wie sehen Sie die Chancen?
Die Arbeitgeber wehren sich mit Händen und Füßen dagegen, weil sie sagen, das wäre nicht notwendig, denn es würden ja sowieso alle ausgebildet und übernommen. Ich finde, dann kann man es erst recht machen.
Ein wichtiges Thema der IG BAU ist die Lohnangleichung Ost-West. Nachdem die Arbeitgeber bei der letzten Verhandlungsrunde durch Abwesenheit glänzten, denken Sie, sie erscheinen heute überhaupt?
Das würde mich freuen (lacht). Ernsthaft, ich war schon ziemlich empört bei der letzten Verhandlung, denn ein wesentlicher Punkt ist ja die Angleichung der Ostlöhne an die Westlöhne. Und dafür braucht es die Ostvertreter des Bauhandwerks am Verhandlungstisch. Die Arbeitgeber haben zwar begründet, dass ihr Vertreter verhindert war, aber der kann sich auch vertreten lassen. Es war schon sehr merkwürdig, dass wir da ohne einen Ostvertreter sitzen und den ganzen Tag verhandeln, ohne ans Eingemachte kommen zu können, nämlich die Frage der Ost-West-Angleichung und vor allen Dingen der Mindestlohn. Denn wir fordern auch, die Mindestlöhne wieder steigen zu lassen. Wir haben noch immer getrennte Mindestlöhne zwischen Ost und West. Für diese Frage brauchen wir die Ostvertreter. Wenn die nicht da sind, dann ist es schwierig.
Was fordern Sie genau bei der Ost-West-Angleichung? Bis wann sind gleiche Löhne möglich?
Wir wollen einen Stufenplan, der überschaubar ist, damit wir endlich Verbindlichkeit bekommen und nicht alle zwei Jahre neu verhandeln. 2019 als Jahr, in dem der Solidarpakt endet, gehört für mich nicht in die Kategorie ›überschaubar‹.
Wir liegen momentan knapp 9,5 Prozent zwischen den Tarifen im Osten und Westen auseinander. Diese Lücke muss in den nächsten Jahren aufgeholt werden, weil die Kollegen im Osten weder weniger noch schlechter arbeiten als ihre Westkollegen. Und die Bauten in Leipzig sind genauso anspruchsvoll wie die Bauten in Frankfurt am Main. 23 Jahre nach der deutschen Einheit gibt es keinen realen Grund mehr, warum die Löhne zwischen Ost und West immer noch unterschiedlich sind.
Bisher gibt es noch nicht mal ein Angebot von den Arbeitgebern.
Das ist auch so ein Ding. Ich kann mich nicht erinnern, wann wir schon mal in der Situation waren, dass in der zweiten Runde kein Angebot der Arbeitgeber auf den Tisch gelegt wird. Aber heute können sie nicht ausbüxen, die Verhandlungen werden erst dann wirklich losgehen, wenn die Arbeitgeber zu Beginn der Verhandlung ein Angebot machen. Es täte der Bauwirtschaft sicher gut, mal ohne Schlichter auszukommen und in freien Verhandlungen ein Ergebnis zu erzielen.
Aus den Erfahrungen der vergangenen Verhandlungen: Haben Sie denn den bisherigen Schlichter, Wolfgang Clement, schon gebucht?
Nein, ich bin noch optimistisch. Aber es wird schwer werden, denn wir liegen meilenweit auseinander. Das zeigt sich auch darin, dass bisher kein Angebot von den Arbeitgebern vorliegt. Ich gehe aber davon aus, dass sich das heute ändert.
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