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Rassismus nicht zu erkennen

Der Duisburger Siebtliga-Torwart Ikenna Onukogu erhält noch eine zusätzliche Sperre

  • Marcus Meier, Duisburg
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist normalerweise keine überregionale Meldung wert, wenn ein Fußballspieler eines Siebtligisten nach »unsportlichem Verhalten« vom Platz gestellt wird. Doch Torwart Ikenna Onukogu vom Duisburger Verein Hertha Hamborn hatte seinen Ausraster beim Spiel gegen Dostlukspor Bottrop Anfang März damit begründet, dass er zuvor eine Halbzeit lang von gegnerischen Fans als »Nigger« beschimpft worden sei, was trotz seiner Hinweise vom Schiedsrichter ignoriert worden sei. Erst danach (»Ich bin auch nur ein Mensch«) habe er die Bottroper Zuschauer attackiert.

Das Spiel der Mannschaften, die beide von türkischstämmigen Akteuren und Funktionären geprägt sind, endete nach Onukogus Attacke in Tumulten und wurde schließlich vom Schiedsrichter abgebrochen - Onukogu wurde gesperrt. Nach Bekanntwerden der angeblichen rassistischen Beschimpfungen wurde die Strafe jedoch vorläufig aufgehoben.

Nach Ansicht des Sportgerichtes des Fußballverbandes Niederrhein (FVN) indes war die Sperre für Onukogu rechtens. So ergab es die mehr als vierstündige Verhandlung am Donnerstagabend. Aussagen des Schiedsrichtertrios und eines Fotografen belegten, dass keine Zuschauer direkt hinter Onukogu standen, die ihn hätten beleidigen können. Der farbige Spieler und mehrere seiner Mannschaftskameraden hatten dies zunächst behauptetet. Und jene Wasserflasche, mit der Onukogu beworfen worden sein will, bevor er sie in Richtung der gegnerischen Anhänger zurückgeschleudert habe, habe zuvor lange in seinem Tor gelegen, Fotos würden dies belegen.

Mit Ausnahme von Onukogu war am Donnerstagabend kein Zeuge mehr zu finden, der die vermeintlichen Schmährufe der Bottrop-Fans gehört hatte. Auch der Fotograf Winfried Labus, der die letzten 30 Minuten bis zum Abbruch neben dem Tor des 27-Jährigen gestanden hatte, will nichts dergleichen vernommen haben.

Am Ende der Verhandlung charakterisierten die Anwälte beider Parteien den Keeper als »zu impulsiv«. Hamborns Anwalt Heiner Kahlert leitete allerdings aus Onukogus Verhalten (und nur daraus) ab, dass rassistische Beleidigungen gefallen sein müssen, und zog Parallelen zum Notrecht. Laut Bottrops Jurist Uwe Dahl zeigten die Fakten auf, dass Onukogu »eindeutig eine Tätlichkeit« begangen habe.

Die Bezirksspruchkammer des FVN unter dem Vorsitz des Juristen Hans-Günter Drießen sprach von »grob unsportlichem Verhalten« des früheren nigerianischen Jugendnationalspielers - und sperrte Onukogu für sechs weitere Spiele. Verein und Spieler wurden zudem zu einer Geldstrafe von je 100 Euro verurteilt, dass Spiel wird mit 2:0 für Bottrop gewertet. Rassismus, so Drießen, sei »nicht zu erkennen« gewesen.

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