Tegel: Anwohner wollen Ruhe

Berliner und Brandenburger demonstrieren gemeinsam für ein Nachtflugverbot

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

So richtig quirlig ist der Flughafen Tegel an einem normalen Samstagnachmittag jenseits von Ferien und Feiertagen nicht. Zwischen den einzelnen Abflügen können auch mal 20 Minuten liegen, dementsprechend entspannt zeigen sich Beschäftigte und Flugreisende. Empörung zeigt sich jedoch auf einem Parkplatz vor Terminal A. Von Polizei und Sicherheitsmitarbeitern des Flughafens bewacht, sammeln sich Alt- und Neuflughafengegner. Unter dem Motto »Solidarität mit den Lärmopfern! Empört Euch!« demonstrieren sie für ein sofortiges Nachtflugverbot in Tegel von 22 bis 6 Uhr.

Kaum jemand ist unter 50 Jahre alt. Einige Kinder sind dabei, die mittlere Generation ist fast gar nicht vertreten. Protestplakate sind in rauen Mengen vorhanden. Viele sind ganz schlicht. »Spandau gegen Fluglärm« oder auch »Fluglärm macht krank« steht auf ihnen. Auch »DIE LINKE«-Fahnen sind zu sehen. Manche Plakate sind grafisch sehr aufwändig gearbeitet. Eines zeigt die Konterfeis von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck und dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD) im realsozialistischen Stil zusammen mit dem Text »Die Baumeister des Fortschritts erschaffen schon heute die Infrastruktur von gestern!«

Solch beißende Ironie ist aus den Mündern der Demonstranten eher nicht zu vernehmen. »Ich fühle mich einfach nur verarscht und nicht ernstgenommen«, sagt ein Teilnehmer aus Lichtenrade wütend. »Der Mehdorn hätte kommen sollen. Dann hätte ich eine Packung Eier mitgebracht«, sagt wiederum eine Reinickendorferin. Der neue Flughafenchef Hartmut Mehdorn setzt sich für eine Offenhaltung des Tegeler Flughafens ein.

Es ist keine einfache Allianz zwischen den derzeit und künftig von Flugrouten Betroffenen. »Auch wenn es die Berliner im Südosten entlasten würde, dürfen die Anwohner rund um Tegel nicht den Preis dafür zahlen müssen, dass die Politik wissentlich und willentlich mit dem BER einen Standort gewählt hat, der künftig deutlich mehr Menschen mit Lärm und schädlichen Emissionen belasten wird«, so der Bürgerverein Brandenburg-Berlin (BVBB).

Schließlich entern die Demonstranten das Terminal, allerdings in sehr geordneten Bahnen: Jeweils nur eine etwa 30-köpfige Gruppe darf mit Schildern und Trillerpfeifen bewaffnet eine Runde drehen. Vorneweg mit dem Großbanner »Kein Flugverkehr über dem Siedlungsmeer« des BVBB. Von belustigt über erstaunt bis zu Kopf schütteln sind die Reaktionen der Reisenden. Fast alle zücken Kameras, um diesen für ungewöhnlichen Moment festzuhalten. »Wir sind hier. Wir sind laut. Weil man uns die Ruhe klaut«, skandieren die Menschen.

Nach einer Viertelstunde ist die Runde gemacht, und die nächste Gruppe spaziert ins Terminal. BVBB-Pressesprecher Kristian-Peter Stange zeigt sich zufrieden mit der Aktion, »gerade weil auch viele Spandauer, Reinickendorfer und Pankower gekommen sind.« 500 Teilnehmer hat der BVBB gezählt, tatsächlich waren es wohl eher 300.

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