Millionengeschäft Nahverkehr

Mit der niederländischen Abelio drängt ein neues Bahnunternehmen nach Ostdeutschland

  • Sabine Fuchs und Petra Buch, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch in Ostdeutschland steht der Regionalverkehr vor Veränderungen, die Deutsche Bahn bekommt noch mehr Konkurrenz. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft sieht Arbeitsplätze im Service- und Wartungsbereich bei der DB Regio in Gefahr.

Magdeburg/Halle. Das Bahnunternehmen Abellio rollt den Nahverkehr in Ostdeutschland auf. Bisher kaum in den neuen Bundesländern präsent, sicherte es sich binnen kurzer Zeit zwei Aufträge mit einem Leistungsumfang von zusammen rund 1,8 Milliarden Euro für die Jahre 2015 bis 2030. Die Niederländer ziehen damit an wichtigen Konkurrenten im Osten vorbei.

So wird Abellio das Bahnnetz Saale-Thüringen-Südharz mit jährlich 9,2 Millionen Zugkilometern betreiben. Federführend für die Länder kündigte zudem Sachsen-Anhalts Nahverkehrsgesellschaft Nasa an, dass die Abellio GmbH das sogenannte S-Bahn-Netz 2 mit dem Leipziger City-Tunnel und Halle-Wittenberg übernehmen soll - weitere 5,6 Millionen Zugkilometer für die Niederländer. Die Abellio GmbH gehört zur Abellio-Group, einer Tochter der Niederländischen Staatsbahnen. Bislang engagiert sich Abellio im Schienenverkehr in Nordrhein-Westfalen und betreibt in Deutschland auch Busse, etwa in Sachsen. »Die Entscheidungen sind in europaweiten Ausschreibungsverfahren gefallen«, sagt Nasa-Sprecher Wolfgang Ball in Magdeburg. Der Platzhirsch, die Bahn-Tochter DB Regio, die bislang auf den Strecken fuhr, ging leer aus.

Andere Konkurrenten der Bahn sind im Osten indes schon länger präsent. Laut Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs (BAG SPNV) sind das etwa die Odeg mit jährlich gut 13 Millionen Zugkilometern, Veolia mit sieben Millionen Zugkilometern unter anderem im Harz und im Raum Leipzig, die Vogtlandbahn mit 3,5 Millionen Zugkilometern und die Erfurter Bahn mit 13,5 Millionen Zugkilometern in Thüringen, aber auch in Hessen und Bayern.

Die DB Regio will sich aber noch nicht geschlagen geben. Die Vergabe des S-Bahn-Netzes 2 lässt der Marktführer durch das Landesverwaltungsamt Halle prüfen, wie ein Bahnsprecher in Leipzig sagte.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sieht unterdessen Arbeitsplätze im Service- und Wartungsbereich bei der DB Regio in Gefahr. »Wir wissen noch nicht, wie viel Personal das betrifft«, sagte Sachsen-Anhalts EVG-Landesbeauftragter, Jürgen Geidies. Bei einem Teil der Bahn-Wettbewerber erwartet die Beschäftigten dagegen eine schlechtere Bezahlung als bei dem bundeseigenen Konzern.

Abellio wird nun investieren. 35 Züge des Typs Talent II seien beim Hersteller Bombardier für Saale-Thüringen-Südharz bestellt worden, sagte Abellio-Sprecherin Marina Pohl in Essen. Neue Fahrzeuge sollen auch auf der S-Bahn-Strecke zum Einsatz kommen. Doch Abellio wolle dort erst die Nachprüfung abwarten.

Obwohl die Deutsche Bahn große Aufträge verloren hat, bleibt sie aber der größte Anbieter im Regionalverkehr. Zwar hätten sich Marktanteile in der Region verschoben, erklärt Henckel. Bundesweit halte die Deutsche Bahn aber noch drei Viertel der Betriebsleistung. Der Anteil könnte aber weiter schrumpfen: Nach Angaben der BAG SPNV starten in den kommenden 18 Monaten bundesweit Vergabeverfahren für 175 Millionen Nahverkehrszugkilometer jährlich - immerhin 27 Prozent des Marktes.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal