Ein Profi ohne Leidenschaft

Der künftige DGB-Chef Hoffmann trat in Köln auf

  • Anja Krüger, Köln
  • Lesedauer: 2 Min.

Einige tausend Menschen stehen vor der großen Bühne auf dem Kölner Heumarkt. Fressbuden und Stände politischer Initiativen in der Mitte des Platzes kaschieren, dass viel weniger Menschen dem DGB-Aufruf zur traditionellen Mai-Kundgebung gefolgt sind als letztes Jahr. Vielleicht wäre das anders gewesen, wenn der Hauptredner anders angekündigt gewesen wäre. »Reiner Hoffmann, Vorsitzender des IG BCE Landesbezirks Nordrhein« stand auf den Plakaten. Hoffmann ist der kommende Mann des DGB. Der derzeitige Chef Michael Sommer wird sich im Mai 2014 nach drei Amtsperioden zurückziehen. Dann soll es Hoffmann machen. Darauf haben sich die Granden der Einzelgewerkschaften verständigt.

Von Hoffmanns künftigem Posten ist auch keine Rede, als Kölns DGB-Chef Andreas Kossiski ihn auf der Tribüne ankündigt. Noch hat kein Gremium Hoffmann offiziell zum Kandidaten nominiert. Kossiski kann ihn deshalb nicht als Sommer-Nachfolger bezeichnen. Auf dem Platz wissen die meisten nicht wirklich, wer zu ihnen spricht, abgesehen von IG-BCE-Kollegen und einigen Gewerkschaftsfunktionären. »Ich hoffe, dass die Begeisterung anhalten wird«, sagt Kossiski vor Hoffmanns Rede. Vor ihm hat der spanische Gewerkschafter Ramón Górriz mit leidenschaftlicher Stimme für kämpferische Stimmung gesorgt.

Kämpferische Worte kennt auch Sozialdemokrat Hoffmann. Aber Leidenschaft ist nicht seine Stärke. »Die neoliberale Rosskur gefährdet die Einheit Europas und bringt das europäische Sozialmodell in pure Existenznot«, eröffnet der 57-Jährige seine Rede. Als der schlanke blonde Mann an der Spitze des Demonstrationszugs an der Seite von Kossiski auf den Platz zog, wirkte er ein bisschen nervös. Auf der Bühne ist er etwas zu routiniert. Der Funke springt nicht über. Er redet von Leiharbeit, Warnstreiks bei der Lufthansa und Tarifflucht. »Die Spaltung des Arbeitsmarktes muss ein Ende haben«, ruft Hoffmann.

Die Menschen auf dem Platz nicken, ab und zu gibt es freundlichen Beifall. Hoffmann hat seine gewerkschaftspolitischen Hausaufgaben gemacht. Fesseln kann er die Kollegen aber nicht. Sein erster großer öffentlicher Auftritt nach der inoffiziellen Nominierung erinnert an rhetorisch schwache DGB-Vorsitzende wie Ernst Breit oder Dieter Schulte - professionell, aber ohne Mobilisierungskraft.

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