Asylprotest hält an

Seit sieben Monaten campen Aktivisten in Kreuzberg - und ihr Kampf geht weiter

  • Malene Gürgen
  • Lesedauer: 3 Min.

Sessel, Sofas und Decken - ein Blick auf die aktuelle Liste der Dinge, die im Protestcamp der Flüchtlinge am Oranienplatz benötigt werden, macht deutlich: Das Camp ist längst keine kurzfristige Notlösung mehr, sondern soll hier noch eine ganze Weile bleiben. Auch wenn es medial in letzter Zeit etwas ruhiger geworden ist um den Flüchtlingsprotest in Berlin, hält dieser weiter an - und wächst: Immer wieder kommen neue Campbewohner hinzu. Die neugegründete Gruppe »Lampedusa in Berlin« etwa lädt für das kommende Wochenende zu einer Konferenz am Oranienplatz ein, bei der es um die Selbstorganisation der von Nordafrika über Italien nach Berlin gekommenen Flüchtlinge gehen wird.

Auch das Schulgebäude in der Ohlauer Schule ist nach wie vor teilweise von Flüchtlingen und Unterstützern besetzt. Allerdings hat hier nun die zweite Phase des sogenannten Interessenbekundungsverfahrens zur Nachnutzung begonnen. Bei einer Veranstaltung in der letzten Woche stellten sich die interessierten Initiativen der Öffentlichkeit vor. Die Besetzer selbst waren nicht dabei, nach eigenen Angaben waren sie aufgrund von Formfehlern vom Verfahren ausgeschlossen worden. »In unseren Augen ist das Verfahren aber sowieso eine Farce: Die Anwohner dürfen zwar bei einem Stimmungsbild mitmachen, entschieden wird am Ende aber ohne sie«, so eine Unterstützerin der Besetzung.

Tatsächlich soll in dem mittlerweile von einem externen Beratungsunternehmen durchgeführten Verfahren nur eine Vorlage für die Bezirksverordnetenversammlung erarbeitet werden. Die Besetzer wollen hier jedenfalls genauso bleiben wie am Oranienplatz - schließlich sind ihre Forderungen wie etwa die nach einem Abschiebestopp sowie der Abschaffung der Residenzpflicht und des Gutscheins- und Lagersystems noch lange nicht erfüllt.

Auf diese Forderungen will auch die Kampagne »Fight Racism Now« (»Bekämpfe den Rassismus jetzt«) aufmerksam machen, die für den 25. Mai zu einer Großdemo durch Berlin aufruft. Anlass ist ein doppelter Jahrestag: Vor zwanzig Jahren wurde der Rechtsanspruch auf Asyl für alle politisch Verfolgten aus dem Grundgesetz gestrichen, wenige Tage später verübten Neonazis einen Brandanschlag auf eine Familie türkischer Herkunft in Solingen, bei dem fünf Menschen starben und 14 weitere verletzt wurden. »Der rassistische Konsens, aus dem diese Gewalt damals hervorging, besteht auch heute noch im alltäglichen und institutionellen Rassismus fort«, so der Kampagnensprecher Felix Jourdan.

Im Bündnis zur Kampagne engagieren sich über 60 Gruppen wie etwa die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, der Zentralrat der afrikanischen Gemeinden, die Berliner Initiative gegen Abschiebehaft oder die Linksjugend solid Sachsen-Anhalt. Auch zum Flüchtlingscamp am Oranienplatz bestehe enger Kontakt, so Jourdan. Von Anfang an sei dem Bündnis wichtig gewesen, nicht nur aus weißen deutschen Aktivisten zu bestehen, sondern mit Migranten- und Flüchtlingsorganisationen zusammenzuarbeiten und antirassistische Initiativen überregional zu vernetzen.

»Lokaler Protest wie der am Oranienplatz ist extrem wichtig«, so Jourdan, der dort auch selbst häufig Schichten übernimmt. »Aber Aufmerksamkeit für das Camp, selbst wohlwollende, bedeutet leider noch lange nicht, dass sich in der deutschen Asylpolitik irgendetwas bewegt.«

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