Werbung

Das Ende der Sickergrube

Mecklenburg-Vorpommerns Kleingärtner stellen sich auf die neue Abwasserregelung ein

  • Lesedauer: 3 Min.
Kleingärtner haben es nicht leicht: verregnete Sommer, lange Winter, Nachwuchssorgen, Streit um GEZ-Gebühren oder Zweitwohnungssteuer. Gerade in Mecklenburg-Vorpommern kam der Konflikt um die Abwasserentsorgung hinzu.

Rostock (dpa/nd). In den mehr als 70 000 Kleingärten Mecklenburg-Vorpommerns hat das Gartenjahr längst begonnen. Doch viele Kleingärtner haben nicht nur umgegraben, sondern auch tiefe Löcher gebuddelt und ihre Abwasseranlage runderneuert. Hintergrund ist die Abwasserregelung, die ab 2014 greift und für viel Unmut gesorgt hat. Etwa 80 Prozent der Kleingärtner haben sich auf die neue Situation eingestellt oder seien gerade dabei, die notwendigen Schritte zu unternehmen, sagte der Geschäftsführer des Landesverbands der Gartenfreunde MV, Dieter Steffens, in einer dpa-Umfrage. Zur Auswahl stehen unter- oder oberirdische abflussfreie Behälter oder mobile Komposttoiletten. Sickergruben sind vom nächsten Jahr an verboten.

Noch immer sind viele Kleingärtner sauer, hält Michael-Günther Bölsche, Vorsitzender des Regionalverbands Parchim, dagegen. Landesweit waren 36 000 Unterschriften gegen das neue Gesetz gesammelt und an Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) übergeben worden. »Doch es hat nichts geholfen«, bedauerte Bölsche. Der Minister hatte die Notwendigkeit der Gesetzesänderung unter anderem mit einem Gutachten begründet, wonach sich die Gewässergüte im Bereich von Kleingärten insbesondere in den Sommermonaten verschlechtert.

Für Bölsche stellt sich eher ein prinzipielles Problem: »Die Frage ist: Wer ist Kleingärtner?« Der, der am Wochenende oder nachmittags ein paar Stunden im Garten ist - oder der, der sich seinen Garten und das Haus zu einer zweiten Heimat gemacht hat. Bölsche verweist auf das Kleingartengesetz, das besage, dass Gartenlauben nicht dauerhaft bewohnt werden dürfen. »Eigentlich sollten die Häuser eher für den Regenschutz da sein.« Der besondere Status der Kleingärtner werde mit solchen Gesetzesübertretungen gefährdet.

»Die Aufregung ist immer groß, wenn etwas neu ist oder bezahlt werden muss«, sagte Steffens. Jetzt schrecken die hoch, die bislang nicht ordnungsgemäß entsorgt haben. Es sei auch zu DDR-Zeiten nicht erlaubt gewesen, Fässer mit Löchern in der Erde zu haben. Und es sei doch verständlich, dass der Gesetzgeber nun abflusslose Gruben fordert. Nur wenige ältere Pächter hätten sich entschlossen, die Investition von mehr als 600 Euro nicht mehr einzugehen. »Sie haben sich zuvor mit der Aufgabe des Gartens beschäftigt«, sagte Steffens. Backhaus hatte jüngst von rund 3000 brachliegenden Gärten gesprochen.

»Bei uns läuft das fantastisch«, sagte Erika Lachowski von den Stralsunder Gartenfreunden. Die meisten hätten früh begriffen, dass es keinen Weg an der neuen Regelung vorbei gibt. Steffens ist sich sicher, dass ab 2014 kontrolliert wird. Ihm seien Fälle aus den alten Bundesländern bekannt, in denen über Jahrzehnte hinweg Abwasser nicht ordnungsgemäß entsorgt worden ist. »Da gab es Ordnungsstrafverfahren bis zu 20 000 Euro.«

Kleingärtner haben auch die Möglichkeit, die Wasserleitung ins Haus abzuklemmen und nur außerhalb einen Anschluss zu haben. »Für Leute, die selten im Garten sind, ist dann die Komposttoilette die Lösung«, sagte Steffens. Der Nachttopf in der Hütte und das anschließende Ausleeren auf dem Komposthaufen ist jedoch für den Landesverband aus hygienischen Gründen keine Lösung. »Aber es ist erlaubt«, betonte Bölsche.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal