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FU verspekuliert sich mit Weiterbildungsunternehmen

Freie Universität Berlin will die DUW für einen Euro abstoßen

  • Ralf Hutter
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Deutsche Universität für Weiterbildung (DUW) ist eine GmbH, deren zwei Gesellschafter der Bildungskonzern »Klett« und die Freie Universität Berlin (FU) sind. Der »Worst Case«, also der schlimmstmögliche Fall, den das FU-Präsidium kürzlich von einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen für die Zukunft der DUW hat durchrechnen lassen, ist, dass 95 Prozent der DUW-Studierenden ihr Master-Studium abschließen möchten und dabei die zugesicherten drei Jahre Betreuungszeit in Anspruch nehmen. Negativ ist das für die FU, weil sie ihre Tochterfirma loswerden möchte. nd-Informationen zufolge hat das FU-Kuratorium am 3. Mai das Präsidium angewiesen, den Verkauf der DUW an einen interessierten Bildungsdienstleister zum Preis von einem Euro in die Wege zu leiten. Schon kurz vor Weihnachten 2012 war ein Immatrikulationsstopp für die DUW-Master-Studiengänge verhängt worden.

Die DUW scheint nie so funktioniert zu haben, wie gewünscht. Im September 2009 nahm sie mit einem großen Festakt und in Anwesenheit von Bildungsministerin Anette Schavan den Studienbetrieb auf. Sie sollte das hierzulande erste langfristig funktionierende Geschäftsmodell für den Weiterbildungssektor sein, das sich mit dem Titel einer staatlich anerkannten Universität schmücken darf. Auch der rot-rote Berliner Senat begleitete die Schaffung der DUW von Beginn an mit großer Unterstützung.

Doch die Erwartungen wurden nicht erfüllt. In den ersten zwölf Monaten gab es nur 200 Anmeldungen für die damals sechs Masterstudiengänge und 13 Zertifikatskurse – und das, obwohl eine Immatrikulation zu jedem Zeitpunkt möglich ist, da die DUW eine Fernuniversität ist. Im März 2013 waren rund 250 Studierende immatrikuliert. Ende 2014 wären es nach Regelstudienzeit noch 19, im Februar 2015 noch zwei. Die Studierenden haben jedoch einen Betreuungsanspruch von jeweils einem weiteren Jahr. Eine Perspektive für all diese Jahre haben die Verantwortlichen anscheinend nicht gesehen.

Die FU-Tochterfirma dürfte jedes Jahr Verlust gemacht haben. Einer vertraulichen Aufstellung zufolge wird jede der heute sieben Fachrichtungen für 2013 ein Defizit zwischen 120 000 und 190 000 Euro verbuchen. Die liquiden Mittel sollen sich Ende April auf 2,3 Millionen Euro belaufen haben. Zum Vergleich: Klett stattete die DUW zu Beginn mit fünf Millionen Euro aus. Einen ebenso hohen Wert sollen das Gebäude und die an ihm vorgenommen Renovierungen gehabt haben, die die FU der DUW spendierte. Mindestens bis zum Auszug aus diesem Gebäude in Berlin-Dahlem im Juli 2012 musste die DUW also nicht einmal Miete zahlen.

Den »nd« vorliegenden Unterlagen zufolge wurde zunächst geprüft, ob die DUW-Studiengänge unter dem Dach der FU weiterlaufen könnten. Davon abgesehen, dass die FU das in den meisten Fällen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ablehnt – die damit verbundene Abwicklung der DUW hätte demnach das Risiko mit sich gebracht, dass am Ende ein Fehlbetrag steht. Den hätten die beiden Gesellschafter auszugleichen, wodurch auch die FU mit der Abwicklung ein »wirtschaftliches Risiko« eingegangen wäre.

Dass eine staatliche Universität überhaupt Gefahr läuft, sich so zu verspekulieren, akzeptiert Anja Schillhaneck nicht. Die hochschulpolitische Sprecherin der Abgeordnetenhausfraktion der Grünen meint, Universitäten sollten ihre Kernaufgaben – und dazu gehört die berufliche Weiterbildung – anders erfüllen können: »Weiterbildung mit dem Ziel der Gewinnerzielung soll nicht drittes oder viertes Standbein der Universität sein.« Sie sieht auch die Kosten der Studienangebote kritisch, die 650 Euro pro Monat für einen zweijährigen Master und 950 Euro pro Monat für ein zweimonatiges Zertifikat betragen.

Viel Kritik wird die FU nun einstecken, weil ihre fünf Millionen Euro Startkapital für die DUW als verloren gelten müssen: Das extra umfassend renovierte Gebäude, das sie der DUW schenkte, wurde von dieser 2012 aus eben der finanziellen Not heraus verkauft, wie der Tagesspiegel berichtet. Das ist umso bitterer, als aus jenem Gebäude vor der Schenkung das Institut für Ethnologie geworfen wurde – zwischen Räumungs-Order und Auszug im Februar 2007 lagen nur zwei Monate, was für erheblichen Unmut bei den Betroffenen sorgte, die auf andere Gebäude verteilt wurden.

Gegenüber »nd« möchte das FU-Präsidium keine Fragen beantworten. Angekündigt wird nur: »Die Freie Universität Berlin wird als öffentliche Einrichtung selbstverständlich ihrer Informationspflicht zu gegebener Zeit nachkommen.« Die Senatsverwaltung für Wissenschaft war am Montagnachmittag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

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