Wie deutsch muss ein Bursche sein?

Korporierte beraten über Abstammungskriterien für Mitglieder

  • Jörg Kronauer
  • Lesedauer: 2 Min.
Dieser Tage debattiert die »Deutsche Burschenschaft« (DB) in Eisenach wieder darüber, ob sie künftig von Mitgliedern eine Art »Ariernachweis« verlangen wird.

Die DB sucht auf ihrem »Burschentag« erneut die Entscheidung im Streit um die Aufnahme von Männern mit nicht-deutschen Vorfahren. Dies berichtet »Spiegel Online«. Der Burschentag, der gestern in Eisenach begonnen hat, soll beschließen, dass grundsätzlich nur Männer mit deutscher Abstammung einer DB-Burschenschaft beitreten dürfen. Die deutsche Staatsbürgerschaft soll nicht genügen.

Die Frage, ob ein Deutscher mit chinesischen Eltern Burschenschafter werden dürfe, hatte beim Burschentag 2011 für einen Eklat gesorgt. Damals wollte die »Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn« das Abstammungskriterium festschreiben lassen und zog als Erkennungsmerkmal »eine nichteuropäische Gesichts- und Körpermorphologie« heran. Danach eskalierte der Flügelstreit in der DB. Ende 2012 begann eine Austrittswelle, die die DB auf einen harten Kern von rund 75 Bünden schrumpfen ließ. Vor wenigen Jahren hatte sie noch gut 120 Mitgliedsburschenschaften.

Weil praktisch nur der Rechtsaußen-Flügel verblieben ist, hatten Insider mit einem Burschentag ohne große inhaltliche Auseinandersetzungen gerechnet. Es war gemutmaßt worden, eher werde die materielle Lage des Verbandes für Diskussionen sorgen: Die DB habe durch Austritte wohl mehr als 4000 zahlende Mitglieder verloren, was sie in existenzielle Schwierigkeiten stürzen könne.

Der Antrag, die biologische Abstammung als Aufnahmekriterium festzuschreiben, dürfte Konsens unter den verbliebenen Burschenschaften sein. Dies umso mehr, als Ausnahmen nicht ausgeschlossen werden. Bereits beim »Außerordentlichen Burschentag« im November hieß es in einem Antrag, »bei vollendeter Assimilation« dürften auch »Bewerber nichtdeutscher Abstammung« Mitglied werden. Die »vollendete Assimilation« liege vor, wenn der Beitrittswillige »nicht von einem Bewerber deutscher Abstammung unterscheidbar« sei.

DB-Pressesprecher Walter Tributsch wies die Kritik am Abstammungskriterium laut »Spiegel Online« mit der Behauptung zurück, die DB sei »leider nicht so rassistisch ausgerichtet wie z.B. jüdische Organisationen«. Tributsch ist Mitglied der Wiener akademischen Burschenschaft Teutonia, die »Schönerer-Kneipen« abhält - zum Gedenken an ihren »Ehrenburschen« Georg von Schönerer, einen völkischen Antisemiten mit prägendem Einfluss auf Adolf Hitler.

Der Höhepunkt der Veranstaltung wird morgen erwartet - mit »Festkommers« und einer Rede von Hans-Helmuth Knütter. Die DB hat sie vorab im Internet veröffentlicht. Der emeritierte Politikprofessor ruft darin zur Einheit auf: Es sei »eine üble Neigung deutscher Patrioten, sich untereinander heftiger zu bekämpfen als den gemeinsamen Feind«. Die DB solle ihre Schrumpfung auf einen Rechtsaußen-Kern nutzen, um zu neuer Schlagkraft zu finden.

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