Investor am Mauerpark gängelt Kritiker

Anwälte der Groth-Gruppe sorgen bei Bürgerwerkstatt für Unmut

Lediglich ihre Bedenken hatte die Bürgerwerkstatt dem Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) mitgeteilt. Die Bebauung nördlich des Gleimtunnels ist für die Initiative viel zu dicht geplant und gleichzeitig zu hochpreisig. Beeinträchtigungen könne es auch für den Kinderbauernhof Moritzhof in der unmittelbaren Nachbarschaft zu den Häusern geben, heißt es in einem Brief vom April. Es sind jene Probleme, die alle Bürgerinitiativen am Mauerpark zuletzt angesprochen haben und die teils zerstrittenen Gruppen wieder näher zusammen gebracht haben.

Auch die Baustellenzufahrt für die geplanten über 500 Wohnungen stellt noch ein ungelöstes Problem dar. Hierzu schrieb die Bürgerwerkstatt Anfang Mai einen Brief an Frank Bielka, dem Vorstand der Degewo. Das Gremium fragte, ob die Wohnungsbaugesellschaft Teile eines Grundstücks im Brunnenviertel für die Baustellenzufahrt verkaufen werde.

Wochenlang habe die Bürgerwerkstatt auf eine Antwort gewartet, erzählt Rainer Krüger, Sprecher des Zusammenschlusses. Die kam schließlich weder vom Senator Müller noch von der Degewo, sondern von den Anwälten der Groth Gruppe, dem Investor des Baufeldes. Die Kanzlei Gaßner, Groth, Sieder & Coll. wirft in dem Schreiben, das dem »nd« vorliegt, der Bürgerwerkstatt in ihrer Korrespondenz »eine große Zahl von falschen Tatsachenbehauptungen und unsachlichen Unterstellungen« vor. Da die Bürgerwerkstatt mit öffentlichen Geldern ausgestattet ist, unterliege die Einrichtung einem »Sachlichkeitsgebot«, heißt es weiter.

Für Rainer Krüger ist es ein einmaliger Vorgang, wenn ein vom Senat gewolltes Bürgergremium statt einer Antwort des zuständigen Senators ein Schreiben von Rechtsanwälten des Investors erhält.

Auch Klaus Lederer, Landeschef der Linkspartei, spricht von einem »seltsamen Vorgang«. Er stellte in der gestrigen Fragestunde des Abgeordnetenhauses den Stadtentwicklungssenator Müller zur Rede. Der räumte ein, dass es nicht angemessen sei, wie das Schreiben der Anwälte formuliert worden sei. Müllers Sprecherin, Daniela Augenstein, kritisiert gegenüber »nd« die Groth Gruppe noch deutlicher: In den Schreiben sei indirekt mit Mittelentzug gedroht worden. Das sei völlig unakzeptabel, sagte sie.

Mittlerweile räumt der Investor Klaus Groth Fehler seiner Anwaltskanzlei ein. Eine Bezugnahme auf die Schreiben an Müller und Bielka sei falsch und äußerst unglücklich, gab Groth gegenüber dem »Tagesspiegel« zu. Für Krüger ist dies ein »billiges Entschädigungsmanöver«. Er glaubt nicht daran, dass der Kanzlei ungewollt eine Unachtsamkeit unterlaufen sei.

Heiner Funken von der Stiftung Weltbürgerpark, einer weiteren Bürgerinitiative, die sich gegen eine Bebauung am Mauerpark ausgesprochen hat, glaubt, der Investor zeige langsam Nerven. Tatsächlich haben in den vergangenen Monaten die Proteste gegen eine Bebauung zugenommen. »Zuletzt haben sich immer häufiger Anwohner auch aus dem Brunnenviertel zusammengeschlossen.« Funken rechnet nicht damit, dass die Bürgerwerkstatt sich von den Anwälten beeindrucken lässt.

Tatsächlich reagiert Krüger auf das Schreiben keinesfalls eingeschüchtert, sondern empört: »Wir werden uns nicht das Wort verbieten lassen und weiterhin unsere Ansichten öffentlich äußern«, verspricht er.

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