Soll der Landtag Soldaten der Bundeswehr ehren?

Das Parlament stiftet eine Verdienstmedaille - begrenzt auf 30 Stück

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Während die Flut gegen die Deiche rollt und Tausende Helfer bis zur Erschöpfung gegen das Hochwasser kämpfen, stiftet der Landtag eine Medaille für Verdienste um des Gemeinwesen. Im Parlament gestritten wurde aber nicht um Katastrophenschutz und Feuerwehreinsatz, sondern um Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Landtagspräsident Gunter Frisch (SPD) legte in der vergangenen Woche vor dem Plenum dar, dass mit dieser Ehrung »keine Konkurrenzveranstaltung zum Tag des Ehrenamtes« vorgesehen sei. Vielmehr gehe es um die Möglichkeit für Abgeordnete, »mit ihrer Kenntnis vor Ort besonders verdienstvolle Mitbürger« auszuzeichnen. »Es gibt immer wieder Menschen, die sich freiwillig in schwierige, in gefährliche Situationen begeben, weil sie meinen, ihren Mitmenschen das schuldig zu sein«, sagte Fritsch. Dies solle gewürdigt werden. Bei der Medaille wolle man »mit einem Kontingent von 30 Stück anfangen«. Eine massenhafte Vergabe sei daher nicht geplant, an jedem Jahresende soll bei einer Festveranstaltung die neue Medaille samt Urkunde überreicht werden. Ausgangspunkt für die Initiative war, dass Sachsen-Anhalt Bundeswehrsoldaten ehrte, die aus Afghanistan zurückkehrten. Fritsch wies darauf hin, dass es nicht Aufgabe des Landtages sei, über den Sinn von Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu entscheiden. Aber genau darum drehte sich die Landtagsdebatte dann.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dieter Dombrowski sagte, Fritsch habe mit seinem Auftritt den Versuch unternommen, »sozusagen einer lädierten Medaille noch einen gewissen Restglanz« zu verleihen. »Der Ursprung der Medaille war gewesen, die Soldaten der Bundeswehr, die im Friedenseinsatz im Ausland tätig sind, nach ihrer Heimkehr zu ehren.« Dombrowski bestand darauf, dass deutsche Soldaten nicht in Kriegseinsätze geschickt werden. Dies habe dazu beigetragen, dass die Deutschen zum fünften Mal hintereinander als die beliebtesten Ausländer der Welt bewertet wurden. Doch weil die LINKE »bundeswehrfeinlich« sei, könne die ursprünglich beabsichtige Ehrung der Soldaten nicht stattfinden, bedauerte Dombrowski. Weil die Zahl der Medaillen auf 30 begrenzt worden sei, könne nicht eine ganze Kompanie mit ihr ausgezeichnet werden. Er finde dies im Grunde genommen traurig« und darüber hinaus »auch ein bisschen beschämend«.

Dombrowski warf Linksfraktionschef Christian Görke vor, wahrheitswidrig von »Kriegseinsätzen« zu sprechen. Anschließend erklärte er noch, die LINKE lasse »ihr Feindbild« neu aufleben und tue, als würde die Bundeswehr »kriegslüstern im Ausland einmarschieren«.

Der CDU-Abgeordnete Steeven Bretz beschuldigte die LINKE, das Vorgehen der Bundeswehr »in einen Zusammenhang mit einem imperialistischen Eroberungskrieg« zu stellen.

Der Abgeordnete Thomas Domres (LINKE) erinnerte dagegen daran, dass selbst Kanzlerin Angela Merkel und der einstige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) von Kriegseinsätzen gesprochen haben. An Dombrowski gewandt meinte Domres: »Ihre Einschätzung zum Wirken der Bundeswehr auch im Ausland teile ich nicht.« Domres schlug vor, Verdienste im Katastrophenschutz und Unfallhelfer zu ehren, oder Menschen, die unter Einsatz ihres eigenen Lebens arbeiten - da nannte er den Munitionsbergungsdienst. Dazu könnten auch Soldaten im Auslandseinsatz gehören, wenn sie dabei Menschenleben oder Kulturgüter gerettet haben. Eine pauschale Ehrung aller deutschen Soldaten, die aus Afghanistan zurückkehren, lehne die LINKE allerdings ab. Unabhängig davon sei die LINKE froh »über jeden Soldaten, der gesund und wohlbehalten zur Familie zurückkehrt«. Domres erinnerte, dass nicht allein die Sozialisten den Krieg in Afghanistan nicht billigen, sondern dass 77 Prozent der Bundesbürger den Abzug der Truppen vom Hindukusch wollen. Diesem Bundeswehreinsatz werde die LINKE »auch über Umwege« nicht zustimmen.

Dagegen möchte die FDP-Abgeordnete Marion Vogdt alle aus Afghanistan heimgekehrten Soldaten auszeichnen. Dafür entscheidend sei, dass die Rückkehrer ihren Dienst »für uns alle« in gefährlichem Umfeld leisteten.

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