Regierungsviertel ist fast komplett

Gestiegene Sicherheitsanforderungen machen eine Öffnung für Bürger schwierig

  • Marlene Göring
  • Lesedauer: 3 Min.

Kaum ein Stadtteil hat sich so verändert wie der Bereich zwischen Berliner Dom und Siegessäule. In den letzten 20 Jahren ist dort das Regierungsviertel neu entstanden, das Berlin auch baulich zur Hauptstadt der Bundesrepublik machen sollte. »Dieses Ziel haben wir erreicht«, sagt Günther Hoffmann, Ministerialdirektor im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. »Gemeinsam ist es uns gelungen, an der Nahtstelle von Ost und West ein einheitliches Ganzes zu schaffen.«

Seit Juni 1993 sind 80 Prozent der Projekte innerhalb der Entwicklungsmaßnahme »Hauptstadt Berlin - Parlaments- und Regierungsviertel« realisiert worden. Damals wurde die Verordnung erlassen - einer von vielen Verträgen, die den Umzug der Bonner Abgeordneten regeln. »Wir haben damals Neuland betreten«, sagt Hoffmann rückblickend. Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Land in Sachen Stadtentwicklung sei »extrem vertrauensvoll« verlaufen, meint Andreas Kniewel, Projektleiter bei der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft. Sie betreut die Realisierung des Viertels mit.

Insgesamt 474 Einzelmaßnahmen umfasst die Verordnung, 500 Millionen Euro wurden bis heute dafür ausgegeben. Straßen mit einer Gesamtlänge von 25 Kilometern wurden gebaut, 14 Brücken errichtet und 23 Hektar Grünflächen zusätzlich angelegt. Am sichtbarsten sind jedoch Großprojekte wie das Kanzleramt, die Abgeordnetenbüros und das Areal rund um den Hauptbahnhof. Von Seiten der Planer ist man stolz auf das neue Regierungsviertel. »Das war hundertprozentig die richtige Entscheidung«, ist sich Senatsbaudirektorin Regula Lüscher sicher. »Nicht nur den Abgeordneten gefällt es hier, sondern auch den Berlinern.« Für Touristen sei der Stadtteil zur Attraktion geworden.

Es gibt aber auch kritische Stimmen, selbst aus Lüschers eigenem Ressort. »Autistisch« nannte Staatssekretär Ephraim Gothe (SPD) die ministerialen Gebäude in der Vergangenheit. Er und die Bundestagsabgeordnete Eva Högl (SPD) legten 2011 einen Plan vor, um die Innenstadt vor Verödung zu retten. »Die Mauerstraße ist komplett tot«, sagte Högl damals. Auch das Regierungsviertel müsse Teil einer »normalen« Stadt sein, mit Läden und Cafés und zugänglich für die Bürger.

»Es gibt diese Diskussion immer mal wieder, und wir kümmern uns darum«, sagt Lüscher heute. Mittlerweile seien zum Beispiel im Erdgeschoss des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eine Kita und Ausstellungsräume entstanden. Seit anderthalb Jahren gebe es außerdem regelmäßig Gespräche mit dem Bund, wie das Regierungsviertel für die Einwohner geöffnet werden könnte. Die gesteigerten Sicherheitsanforderungen rund um die Staatsgebäude machten das aber schwierig.

Noch bis 2015 läuft die Entwicklungsmaßnahme. Fraglich ist, ob bis dahin alle der übrigen gut 90 Einzelmaßnahmen realisiert werden können. Projekte wie die Gestaltung des Schlossplatzes ständen aber auf sicheren Füßen und würden in jedem Fall weitergeführt, versicherte Ministerialdirektor Hoffmann. Einzig die Schinkelakademie gegenüber vom Auswärtigen Amt wird leer ausgehen: Für einen Wiederaufbau der Ruine gibt es bisher weder bei Bund noch Land Pläne.

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