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Sich selbst besiegt

Roland Etzel über den Machtwechsel in Ägypten

  • Lesedauer: 2 Min.

Mursi ist gestürzt, und im Nachhinein sieht es nach langfristiger, kluger Regie aus - des Obersten Militärrates. Zum Jahreswechsel 2011/12 fuhren die Muslimbrüder-Parteien überwältigende Wahlsiege ein, später ebenso ihr Präsidentschaftskandidat Mursi. Der nutzte die Stunde des Erfolgs, entledigte sich des mächtigsten Militärführers und glaubte die Machtprobe gewonnen.

Es war seine erste gravierende Fehleinschätzung. Weitere des politischen Neueinsteigers, der selbst bei den Muslimbrüdern zuvor bestenfalls zweite Wahl war, sollten sehr bald folgen. Den Siegern waren ihre satten Mehrheiten zu Kopf gestiegen. Mursis Muslimbrüder - jahrzehntelang brutal unterdrückt - vermeinten im Siegestaumel, weder Verbündete nötig zu haben noch Rücksicht auf Minderheitenmeinungen nehmen zu müssen.

Auslandsstiftungen - selbstverständlich mit Ausnahme der saudi-arabischen - wurde auf rabiate Weise der Stuhl vor die Tür gesetzt. Man strickte sich eine Verfassung, die Christen und Säkulare erzittern ließ, und peitschte sie im Eilverfahren durch. Selbst die Millionen traditionell orientierter Ägypter, die ihn wählten, enttäuschte Mursi. Was sie von ihm erhofft hatten, war zum wenigsten eine Islamisierung des Alltags, sondern eine Verbesserung ihrer miesen Lebenslage. Die trat nicht ein. Die Stimmung kippte. Die Militärs mussten lediglich abwarten, bis wieder nach ihnen gerufen wurde. Fast noch ehe dies geschah, waren sie zur Stelle.

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