Für Conergy sieht es düster aus

Solaranlagenhersteller muss Insolvenz beantragen / Harter Schlag für Frankfurt (Oder)

  • Lesedauer: 3 Min.
Das Solarunternehmen Conergy beantragte am Freitag Insolvenz. Die Krise der Solarbranche dauert an.

Hamburg/Frankfurt (Oder) (Agenturen/nd). Schon wieder eine Pleite in der krisengeschüttelten Solarbranche: Der einstige Börsenstar Conergy ist überschuldet und hat beim Hamburger Amtsgericht einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das teilte das Unternehmen, das rund 1200 Mitarbeiter beschäftigt, am Freitag mit. Betroffen sind alle wichtigen deutschen Tochtergesellschaften, auch die Modulfertigung in Frankfurt (Oder). Grund sei eine unerwartete Zahlungsverzögerung aus einem Großprojekt, teilte Conergy mit. Zudem hätten sich die kreditgebenden Banken nicht auf ein vom Vorstand vorgelegtes Zukunftskonzept verständigen können, das den Einstieg eines Investors vorsah.

In Brandenburg bringt die Insolvenz über 500 Arbeitsplätze in Gefahr. Das Wirtschaftsministerium in Potsdam kündigte an, so schnell wie möglich Kontakt mit der Unternehmensführung aufzunehmen, um bei der Suche nach einem Nachfolgeinvestor zu helfen. Ein endgültiges Aus wäre für Frankfurt ein herber Schlag: Die Stadt hatte bereits die Schließung der beiden Werke des US-Konzerns First Solar zu verkraften. In Frankfurt sind nach Unternehmensangaben rund 320 und am Standort Rangsdorf (Teltow-Fläming) 200 Menschen beschäftigt.

Chronik Insolvenzen in der Solarindustrie

Die deutsche Solarindustrie steckt tief in der Krise. Überkapazitäten und Billigkonkurrenz aus Asien machen den Unternehmen das Leben schwer.

13. Dezember 2011: Das Berliner Solarunternehmen Solon ist pleite. Das indisch-arabische Unternehmen Microsol übernimmt Solon wenig später.

21. Dezember 2011: Der Erlanger Solarkraftwerkhersteller Solar Millennium beantragt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

3. April 2012: Der einst weltgrößte Solarzellenhersteller Q Cells beantragt Insolvenz. Die Firma wird Ende August vom südkoreanischen Konzern Hanwha übernommen.

17. April 2012: Das US-Unternehmen First Solar kündigt an, sein Werk in Frankfurt (Oder) schließen zu wollen.

10. Juli 2012: Der Maschinenbauer Centrotherm Photovoltaics AG stellt einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Ein Jahr später hebt das Gericht das Insolvenzverfahren auf. Centro- therm hat sich saniert.

6. September 2012: Die EU-Kommission leitet ein Antidumpingverfahren gegen die chinesische Solarbranche ein. Die Behörde will prüfen, ob die Asiaten mit zu niedrigen Preisen den Wettbewerb schädigen.

22. März 2013: Der Technologieriese Bosch gibt seinen Ausstieg aus dem Solargeschäft bekannt. Rund 3000 Beschäftigte sind betroffen.

17. April 2013: Solarworld teilt mit, dass das Eigenkapital komplett aufgezehrt ist. Der Aktienkurs stürzt weiter ab.

8. Mai 2013: Die EU-Kommission gibt grünes Licht für hohe Strafzölle gegen die Einfuhr billiger Solarpaneele aus China.

18. Juni 2013: Ein Investor aus Katar will mit 35 Millionen Euro bei Solarworld einsteigen. Firmengründer Frank Asbeck schießt zehn Millionen Euro zu, um das Unternehmen zu retten.

3. Juli 2013: Der Solartechnikhersteller SMA Solar will in Deutschland bis Ende 2014 ca. 700 Arbeitsplätze streichen.

5. Juli 2013: Das Solarunternehmen Conergy meldet Insolvenz an. dpa

 

Die Bezirksleitung der IG Metall wollte die Entwicklung vorerst nicht kommentieren. Zunächst sei es notwendig, mit dem Betriebsrat zu sprechen und mehr Informationen einzuholen, sagte der Sprecher der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen, Bodo Grzonka.

Conergy kämpft seit Jahren ums Überleben. Das Unternehmen hofft, dass im Insolvenzverfahren ein Investor gefunden wird, der den Geschäftsbetrieb weiterführt.

»Wir haben unseren kreditgebenden Banken in den vergangenen 15 Monaten zwei konkrete Vorschläge für den Einstieg eines strategischen Investors vorgelegt und bedauern es sehr, dass sie diesbezüglich in keinem Fall eine verlässliche Einigung über eine zeitnahe Umsetzung erzielen konnten«, sagte Conergy-Chef Philip Comberg. Die Conergy-Aktie brach um zeitweise 68 Prozent ein. Im Herbst 2007 notierte das Papier noch bei über 200 Euro, am Freitag lag der Kurs bei 12 Cent.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat bereits vor zwei Jahren sechs frühere Conergy-Spitzenkräfte angeklagt. Nach dem Willen der Behörde sollen sich Ex-Aufsichtsratschef Dieter Ammer und fünf ehemalige Manager vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts wegen Verdachts der Marktmanipulation, der Bilanzfälschung sowie des verbotenen Insiderhandels verantworten.

Unterdessen wurde bekannt, dass China im Solarstreit mit der EU offenbar einen Kompromiss vorgeschlagen hat: Peking könnte den Export von Solarmodulen nach Europa bei einer Leistung von zehn Gigawatt deckeln, berichteten am Freitag die »Shanghai Securities News«. Das wäre die Hälfte der Jahresproduktion. 2012 hatte China demnach Solarmodule mit einer Leistung von zwölf Gigawatt nach Europa ausgeführt. Die EU wirft China Dumping vor und hat daher vorläufige Schutzzölle verhängt. Die chinesische Entwicklungs- und Planungskommission schlägt zudem einen Mindestpreis für die Module vor.

Im Gegenzug verlangt China Zugeständnisse von der EU: Für Solarmodulexporte unterhalb der Obergrenze sollen keine oder nur sehr geringe Zölle gelten; Ausfuhren über dem Deckel sollen »gemäß der geltenden Regelungen« verzollt werden.

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