Was Ägypten braucht
Roland Etzel über die politische Lage in Ägypten
Mohammed el-Baradei kommt nicht, jedenfalls nicht jetzt. Die Kairoer Suche nach einem vorläufigen Regierungschef geht in die nächste Runde. So bleibt nicht allein politisch einiges liegen. Das Land am Nil braucht schnell ein geschäftsfähiges Kabinett, eine im Ausland akzeptierte Autorität, die über Kredite verhandeln kann. Das Land braucht Geld für Brot. Ägyptens Generale haben ihre Kampfjets auf beeindruckende Weise die Landesfarben an den Kairoer Himmel malen lassen. Nützlicher wäre es sicher gewesen, mit den Kosten ein paar hundert Tonnen Falafel zu subventionieren.
Der Diplomat Baradei wäre für die Verhandlungen mit internationalen Geldgebern ein geeigneter Mann gewesen. Es spricht aber wiederum für die Militärs, dass sie ihn nicht gegen vielerlei Widerstände ins Amt drückten, sondern tatsächlich Wert auf einen Konsens bei der Auswahl des Regierungschefs legen, gerade wegen der tiefen Spaltungen, die Ägyptens Gesellschaft durchziehen.
Und Baradei polarisiert. Er kann den Vorwurf nicht entkräften, sich in den Magistralen von New York oder Wien besser auszukennen als in den Armenvierteln von Kairo. Der Vorwurf der Muslimbrüder, er sei ein Agent der USA, ist allerdings bösartig, hat doch Bush jun. den damaligen Chef der UN-Atomenergiebehörde Baradei einst abhören lassen, um ihn zu stürzen. Das nützt dem Ägypter aktuell aber nichts mehr. Wie man weiß, betraf die pathologische Spitzelwut Washingtons Freund wie Feind gleichermaßen.
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