Friedrichs Klartext

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, der gern mit markigen Sprüchen beispielsweise über Flüchtlinge den starken Mann spielt, ist am Donnerstag nach Amerika geeiert. Er will in Gesprächen mit US-Behörden Näheres über das Ausmaß der Prism-Datenschnüffelei von US-Geheimdiensten in Europa, auch in Deutschland erfahren. Gern hat er sich nicht auf den Weg gemacht; die Bundesregierung zeigt keine große Lust, sich wegen dieses Themas mit den USA anzulegen und formuliert ein paar läppische Alibi-Besorgnisse. Das Schicksal von Edward Snowden ist ihr egal. Die Opposition, von der SPD und Grüne keinen Grund haben, sich in Sachen Sicherheitspolitik über Schwarz-Gelb zu mokieren, musste Friedrich förmlich zum Flughafen tragen.

In Washington wolle er, besann sich der Minister auf die gewohnte Großmäuligkeit, »Klartext reden«. All zu sehr zittern müssen seine amerikanischen Gesprächspartner aber nicht, und die Deutschen dürfen ihre Erwartungen auch sehr niedrig halten. Denn gleichzeitig forderte Friedrich mehr Fairness gegenüber den USA und ihren Geheimdiensten. So rutscht er gewissermaßen auf Knien über den Atlantik, um dort ein paar besinnlich-symbolische Unterhaltungen zu führen. Am Ende haben alle, was sie wollen: Friedrich führt Konsequenz vor, die US-Regierung zeigt sich gesprächsbereit. Nur die Bürger in Europa haben Pech: Sie werden weiter umfassend ausgeforscht.

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