Kommunen suchen Fluthilfe-Betrüger

Sachsen: Hinweisen auf Missbrauch soll konsequent nachgegangen werden / Bundesbank erfasst schlammdurchweichte Scheine

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Wurde mancherorts das Chaos nach dem jüngsten Hochwasser ausgenutzt und zu Unrecht Soforthilfe kassiert? Diesem Verdacht gehen in Sachsen etliche Kommunen nach. Seit Dienstag können vom Hochwasser betroffene Unternehmen, Privatpersonen und Vereine in Sachsen nun staatliche Wiederaufbauhilfen beantragen.

Dresden (dpa/nd). Kommunen in Sachsen sind derzeit Betrügern auf der Spur, die zu Unrecht Flut-Soforthilfe kassiert haben sollen. »Der Umfang ist allerdings noch unklar, genaue Zahlen liegen noch nicht vor«, sagte ein Sprecher des Wiederaufbaustabes der Staatskanzlei. Die Kommunen müssten die Zahlen zu den gestellten Rückforderungen melden - das werde allerdings noch einige Tage in Anspruch nehmen.

Zuvor hatte das Nachrichtenmagazin »Focus« über »schwarze Schafe« unter anderem in Grimma und Meißen berichtet. Es ist nach Angaben des Wiederaufbaustabes gut und richtig, dass die Kommunen allen Hinweisen auf Missbrauch konsequent nachgehen. »Das Geld ist ausschließlich für die Hochwasseropfer bestimmt«, hieß es.

Die meisten betroffenen Kommunen gehen davon aus, dass es sich bei unrechtmäßig ausgezahlten Flut-Soforthilfen um Einzelfälle handelt. »Es gibt natürlich welche, die das ausgenutzt haben«, sagte eine Sprecherin der Stadt Grimma. Der Umfang werde derzeit überprüft. Bisher wurden 620 Anträge auf Flut-Soforthilfe bewilligt, jeder zehnte Antrag im Vorfeld abgelehnt. Bis Ende Juni zahlte Grimma insgesamt 413 000 Euro an betroffene Bürger aus.

Das ebenfalls vom Hochwasser betroffene Bad Schandau hat 221 Anträge registriert und 163 000 Euro ausgezahlt. Vorsätzlicher Betrug spielt laut Bürgermeister Andreas Eggert (parteilos) keine Rolle. »Eher Unsicherheit, weil zunächst nicht klar war, wer Geld bekommt.« In Meißen gingen 225 Anträge ein, 191 wurden bewilligt. »Bei Grundwasser im Keller war die Richtlinie nicht erfüllt«, sagte eine Stadtsprecherin. Nur vereinzelt könnten Bürger zu Unrecht Soforthilfe kassiert haben. »Dem gehen wir nach.«

Die Verteilung und Auszahlung der Soforthilfen ist nach Angaben der Dresdner Staatskanzlei nahezu abgeschlossen. Von der Flut betroffene Bürger konnten ein Handgeld beantragen - für Erwachsene gab es 400 Euro, für Kinder 250 Euro, der Maximalbetrag lag bei 2000 Euro pro Haushalt. Davon sind 7,08 Millionen Euro ausgezahlt worden.

Seit Dienstag können vom Hochwasser betroffene Unternehmen, Privatpersonen und Vereine in Sachsen nun staatliche Wiederaufbauhilfen beantragen. Die Anträge werden mit wenigen Ausnahmen von der Sächsischen Aufbaubank (SAB) bearbeitet; für Schäden an Straßen und Brücken ist das Landesamt für Straßenbau und Verkehr zuständig. Antragsformulare könne auf der Homepage der SAB unter www.sab.sachsen.de abgerufen werden. Privatpersonen sollen bis zu 50 Prozent der Gebäudeschäden ersetzt bekommen. Gleiches gilt für Schäden an Gewerbe- sowie Vereinsräumen. Der Mindestschaden muss 5000 Euro betragen, bei Vereinen liegt die Grenze bei 2000 Euro.

Kommunen können für den Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur mit Zuschüssen von bis zu 90 Prozent rechnen. Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern können einen Zuschuss von 50 Prozent der Kosten erhalten. Die maximale Höhe beträgt 100 000 Euro, in Härtefällen kann es bis zu 200 000 Euro geben.

Das Geld kommt aus dem nationalen Wiederaufbaufonds, aus dem Sachsen voraussichtlich 1,7 Milliarden Euro erhält. Das Kabinett hatte in der vergangenen Woche die entsprechenden Wiederaufbau-Regelungen beschlossen, obwohl die Bedingungen mit dem Bund noch nicht endgültig ausgehandelt sind. Das Juni-Hochwasser hatte nach derzeitigem Kenntnisstand in Sachsen Schäden von rund 1,9 Milliarden Euro angerichtet.

Die »Mitteldeutsche Zeitung« berichtete am Wochenende, dass bis zu diesem Zeitpunkt 100 000 schlammdurchweichte Geldscheine bei der Deutschen Bundesbank erfasst wurden. Unter anderem wird dort der Inhalt eines Geldautomaten aus dem im Juni überschwemmten Grimma (Sachsen) untersucht. Ein Mitarbeiter des Analysezentrums der Bundesbank in Mainz vermutet, dass die Zahl der registrierten verschmutzten Geldscheine in den kommenden Wochen noch stark steigen wird.

Vom Hochwasser beschädigte Geldscheine können bei der Bundesbank kostenlos umgetauscht werden. Oft böten auch Hausbanken dies an, schreibt die Zeitung. Allerdings würden die Banknoten genauestens auf Echtheit geprüft, ehe es druckfrischen Ersatz gebe. Für das eindeutige Zählen von gebündeltem Geld wird zum Beispiel der Sicherheitsfaden von jedem Schein herausgelöst.

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