Keine Lust auf Ergebnisse

Weiter Konflikte um die Studie »Doping in Deutschland von 1950 bis heute«

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
Kommt er diesmal? Die Veröffentlichung des Abschlussberichts zu »Doping in Deutschland von 1950 bis heute« soll kurz bevorstehen.

Probleme mit dem Datenschutz, fehlende Finanzierung, immer wieder verschobene Veröffentlichungstermine: Die vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) im Jahr 2008 in Auftrag gegebene Studie zum »Doping in Deutschland von 1950 bis heute« machte vor allem durch Kontroversen zwischen den beteiligten Forschern und den Auftraggebern von sich reden.

Das Präsidium des DOSB »sieht sich darin betätigt, das Projekt 2008 initiiert zu haben«, wie es in einer Erklärung vom 16. Juli heißt. Auf die Empfehlung der Wissenschaftler an den Sportausschuss des Deutschen Bundestages für ein eigenständiges Anti-Doping-Gesetz geht der DOSB nicht ein. Mit der Gründung der Nationalen Anti-Doping Agentur sei der Anti-Doping-Kampf in Deutschland ausreichend professionalisiert. Und überhaupt sei Deutschland eines der wenigen Länder, das sich mit seiner Dopinggeschichte auseinandersetze.

Eine konfliktreiche Aufarbeitung: Zwei Forschergruppen von der Universität Münster und der Berliner Humboldt-Universität (HU) untersuchten zwischen April 2009 und März 2012 »Doping in Deutschland von 1950 bis heute«. Abschlussergebnisse präsentierten im November 2012 aber nur die Münsteraner Forscher, die vor allem Medienberichte auswerteten. Die Berliner Forschergruppe, die zu dem weitaus brisanteren Thema des konkreten Dopings und der Verantwortlichen forschte, hatte sich im März 2012 aufgelöst. Sie warfen dem DOSB und dem BISp vor, Gelder bewusst zurückgehalten zu haben und die weitere Forschung damit zu verhindern. 2011 hatte die Berliner Gruppe für die Jahre 1970 bis 1990 in der BRD »systemisches Doping« ausgemacht. Dem BISp, gegründet 1970, dem DOSB und dem Innenministerium warfen sie vor, von flächendeckendem Doping in dieser Zeit nicht nur gewusst, sondern es gefördert zu haben. Den Zwischenbericht der Berliner Forscher für diesen Zeitraum hat das BISp bis heute nicht veröffentlicht.

Jürgen Fischer, Direktor des BISp erklärte, dass die Finanzierung der Berliner Forscher nicht am BISp gescheitert wäre, sondern zur Verfügung stehende Mittel nicht abgerufen worden seien. Vor dem Sportausschuss des Deutschen Bundestages erklärte er im Januar dieses Jahres, er habe mehrfach darauf hingewiesen, dass eine weitere Finanzierung möglich sei, Anträge der HU wurden aber nicht gestellt. HU-Forschungsleiter Ingmar Schmidt erwiderte, die befristeten Arbeitsverträge der Forscher hätten nicht nur aufgrund von Zusagen »unter vier Augen« verlängert werden können, »bindende Geldzusagen« hätten gefehlt. Sporthistoriker Erik Eggers, damals Teil der Berliner Forschergruppe, ergänzt gegenüber »nd«: »Wir hatten bis einen Tag vor Ende März 2012 kein finanzielles Angebot seitens des BISp. Eigentlich sollte das Projekt bis März 2013 laufen. Es scheint als hätte das BISp als Auftraggeber keine Lust auf die Ergebnisse.«

Die befristet angestellten Wissenschaftler mussten gehen, der Zeitraum ab 1990 konnte von den Berliner Forschern nicht mehr vollständig untersucht werden, Professor Giselher Spitzer, Leiter der Forschungsgruppe, sei laut Schmidt mit einem Werkvertrag ausgestattet worden, um zumindest am Abschlussbericht der beiden Forschungsgruppen mitarbeiten zu können.

Die Veröffentlichung dieses Berichtes verschob sich immer wieder: Von November 2012 auf März 2013, dann in den letzten Juni. Auch dieser Termin platzte. Das BISp hatte immer wieder datenschutzrechtliche Bedenken ins Feld geführt: »Wir müssen uns gegen eventuelle Schadensersatzforderungen schützen«, hatte Fischer noch Ende Juni im Sportausschuss argumentiert und die damit weiter ausstehende Veröffentlichung rechtfertigt. Verzögerungstaktik? Die Opposition im Ausschuss kritisierte ihn heftig. Nun sieht er die Verantwortung für die Veröffentlichung bei den Forschergruppen selbst, die alle rechtlichen Konsequenzen tragen müssten. Die Forscher sind schon lange bereit dazu.

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