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Räuber-Untermieter im Hornissenkasten

GARTENTIERE: Solitäre Wespen - nie lästig, aber auch kaum bekannt

  • Ulrich Sedlag
  • Lesedauer: 3 Min.

Mitten im Hochsommer waren plötzlich an Nistblöcken in meinem Garten Wespen häufiger als Bienen, für die sie eigentlich bestimmt sind. Zunächst war ich nicht sicher, ob sie nicht etwa dort auf Beutesuche sind, denn schließlich sind es Räuber. Aber bald konnte ich die eine oder die andere beim Vermauern eines Nestes beobachten.

Wie bei den Bienen steht bei den Faltenwespen, die ihre Flügel bei Nichtgebrauch längs falten, den besser bekannten sozialen Arten eine Mehrheit von solitären Arten gegenüber. Bei ihnen sorgt jedes Weibchen allein für die Nachkommen. Sie unterscheiden sich von den oft in Massen auftretenden und mitunter am Kaffeetisch lästigen »gewöhnlichen« Wespen durch ihre schlankere Gestalt und durch die Zeichnung. Diese ist ebenfalls gelb-schwarz, aber im übrigen so unterschiedlich, dass man sie nicht allgemein charakterisieren kann. Viele entsprechen den »gewöhnlichen« Wespen etwa in der Größe, es gibt aber auch kleinere und größere Arten.

Diese Wespen besuchen kaum Blüten, so dass sie kaum beachtet werden. Als Räuber sind sie weitgehend spezialisiert. Trotz der Mühe, überhaupt Beute zu finden, nehmen manche (fast) nur Raupen bestimmter Schmetterlinge an, etwa von Spannern oder Wicklern; andere jagen bestimmte Käferlarven.

Für ihre Brut nutzen sie ganz unterschiedliche Hohlräume. So werden zum Beispiel Brombeerstängel besiedelt, selbst wenn zunächst ihr Mark herausgeschafft werden muss. Gern werden die Gänge holzbohrender Käfer oder eben auch die Bohrungen von Nistblöcken oder ähnliche Hohlräume akzeptiert. Einmal konnte ich zu meiner Freude vom Schreibtisch aus ein Weibchen beobachten, das mit Lehmklümpchen das untere Ende des Fensterthermometers einst üblicher Bauart anflog, obwohl dieses mir als Brutstätte eigentlich zu wenig Platz zu bieten schien.

Manche Pillenwespen genannte Arten mauern als urnenförmig bezeichnete Kugeln mit einem kragenartigen Wulst um die Öffnung. Eine Gruppe solcher Bauwerke fand ich einmal im Hornissennistkasten (den die Hornissen auch nach über einem Jahrzehnt noch nicht beachtet haben). Hier und auch in manchen der anderen Nester hat nicht jede Larve eine eigene Zelle, sondern sie muss sich mit ihren Geschwistern einen Schlafraum teilen. So oder so brauchen die Larven der solitären Wespen ihre Jugend nicht wie die der sozialen kopfunter hängend zu verbringen.

Es gibt übrigens auch im Boden, namentlich in Lehm- oder Lößabhängen brütende Arten, die aber nur an bestimmten Orten auftreten und auch als Besucher des Gartens nicht in Frage kommen. Sie entsprechen damit den artenreichen Grabwespen, die nicht zu den Faltenwespen gehören und wie auch die Goldwespen gesondert berücksichtigt werden sollen.

Prof. Dr. Ulrich Sedlag,

Zoologe

Zu den solitären Wespen gehörende Pillen- oder Töpferwespe beim Nestbau

Foto: image stock&people

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