Tram verspätet sich neun Jahre

Straßenbahn fährt erst 2015 zum Hauptbahnhof

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Nicht nur Flughafenbaustellen brauchen gelegentlich etwas länger, auch der Bau von Straßenbahntrassen kann eine komplizierte Angelegenheit sein. Zum Beispiel die Tram-Verbindung zum Hauptbahnhof. Eigentlich sollte die Straßenbahn schon 2006 den Anschluss zur gerade eröffneten Fernbahnstation herstellen, doch darauf wird man jetzt bis 2015 warten müssen.

Zunächst hatte sich das Projekt wegen Gerichtsverfahren und fehlerhafter Planungen verzögert, die 2004 sogar gestoppt und neu gestartet werden mussten. Bei Baubeginn vor zwei Jahren dann wurde Ende 2013 als neuer Fertigstellungstermin ausgegeben, doch auch daraus wird nichts, wie das Baustellengewirr entlang der Invalidenstraße unschwer erkennen lässt. Zwar liegt schon ein Teil der Gleise, und auch die Wendeschleife an der Straße Alt-Moabit ist fast fertig, doch besonders im Bereich der Kreuzung der Invaliden- mit der Chausseestraße stehen die wichtigsten Arbeiten noch bevor. Bei einer Baustellenbesichtigung nannte Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler gestern den August 2015 ein »erreichbares Ziel«.

Wenn alles gut klappt und auch der Winter mitspielt, kann sich die BVG auch vorstellen, mit der M 5, die derzeit noch zwischen Hohenschönhausen und Hackescher Markt verkehrt, schon mal eine der drei geplanten Linien etwa ab Herbst nächsten Jahres über Chaussee- und Invalidenstraße zum Hauptbahnhof fahren zu lassen. »Das macht aber nur Sinn, wenn sie nicht nach drei Monaten wieder eingestellt werden muss, weil die Kreuzung Chaussee-/ Invalidenstraße noch umgebaut werden muss«, so Gaebler.

Im September sollen die Anlieger, darunter das Bundesverkehrsministerium, über die weitere Verzögerung informiert werden. »Die finden das alles nicht so prickelnd«, hieß es. »Nicht alles ist so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt hätten«, gab sich Gaebler selbstkritisch. Ursache für den Rückstand sei auch die große Komplexität des Projekts. Denn auch die Invalidenstraße wird völlig neu gebaut und erhält zwei Spuren je Richtung. Da unter der Tramtrasse keine Rohre verlaufen dürfen, müssen die Versorgungsbetriebe alle Leitungssysteme verlegen. »Da gibt es ständig Überraschungen«, so BVG-Infrastrukturchef Ralf Baumann, zumal die DDR im einstigen Grenzgebiet Bestandunterlagen vernichtet habe. So sei direkt vor der Einfahrt zum Bundesverkehrsministerium ein unterirdisches Brückenbauwerk für die Panke entdeckt worden, das erst saniert werden musste. »70 Prozent der Zeit geht für den Leitungsbau drauf«, rechnete Lutz Adam von der Stadtentwicklungsverwaltung vor.

Aber auch die Deutsche Bahn hat zum Zeitverzug beigetragen. Sie hat das Baufeld direkt vor dem Hauptbahnhof, auf dem eine Straßenbahnhaltestelle entstehen soll, noch nicht frei gegeben, weil sie darunter noch am Tunnel für die künftige S-Bahn-Linie S 21 vom Nordring zum Hauptbahnhof buddelt. Das sei aber kein Problem, die Haltestelle mit ihrer anspruchsvollen Dachkonstruktion könne binnen vier Monaten errichtet werden, so Baumann.

Als nächstes werden die Fahrgäste der Tramlinie M 6 von den Bauarbeiten betroffen sein. Der Abschnitt über die Chaussee- zur Schwartzkopffstraße wird stillgelegt, damit der Tunnel der U 6 im Kreuzungsbereich der Invalidenstraße abgedichtet werden kann. Die Kreuzung selbst wird völlig umgebaut. Die M 6 fährt nur noch bis Hackeschen Markt. Die Chausseestraße wird im Kreuzungsbereich voll gesperrt, der Autoverkehr umgeleitet. Die Arbeiten sollen etwa ein Jahr dauern. Der Westteil der Invalidenstraße bis Chausseestraße soll Ende 2014 fertig sein, das Oststück bis Nordbahnhof bis August 2015. Von dort sollen dann auch die M 8 und M 10 zum Hauptbahnhof fahren.

Insgesamt kostet der Bau der 2,3 Kilometer langen Trasse plus 600 Meter Gleisschleife 30 Millionen Euro, hinzu kommen 12,8 Millionen für den Straßen- und 23 Millionen für den Leitungsbau. »Das wird die modernste innerstädtische Straße«, so Adam.

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