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Wer ist und bleibt Vermieter?

Mietrecht

  • Lesedauer: 4 Min.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit einem Urteil vom 5. Juni 2013 (Az. VIII ZR 142/12) mit einer gefährlichen Lücke im Mieterschutz befasst. Es geht um die einfach erscheinende Frage, wer überhaupt Vermieter einer Wohnung ist. Aber die Frage kann kompliziert werden. Auch für die Mieterseite.

Zunächst gilt natürlich: Wer alleine eine Wohnung anmietet, ist Mieter. Das ändert sich auch dann nicht, wenn ein neuer Partner dazuzieht, sei es durch Heirat oder als Partnerschaft. Mieter bleibt derjenige, der im Mietvertrag steht. Der Partner wird Mietvertragspartei, rechtlich also nur Untermieter. Kompliziert wird es bei einer Trennung dann, wenn der Hauptmieter auszieht.

Ebenso kompliziert kann es auf der Vermieterseite sein. Einfach ist zunächst - das bestätigt auch der BGH -, dass immer derjenige Vermieter ist, der im Vertrag steht. Das klingt simpel, ist aber sehr wichtig, weil es dabei überhaupt nicht auf das Eigentum des Vermieters ankommt.

In der Realität ist es häufig der Fall, dass Vermieter nicht Eigentümer sind, sondern zum Beispiel als Verwalter auftreten und fremdes Eigentum vermieten. Oft tritt der Verwalter dabei im eigenen Namen auf, gibt nicht zu erkennen, dass er für den Eigentümer handelt. Bei vielen großen Vermietungsgesellschaften vermieten letztendlich zum Konzern gehörende Verwaltungsgesellschaften das Eigentum anderer Konzerntöchter in eigenem Namen. Solange sich nichts im Mietverhältnis ändert, spielt das auch rechtlich keine Rolle. Kompliziert und unter Umständen sogar gefährlich für den Mieter wird es dann, wenn das Eigentum an der Wohnung übertragen, das heißt verkauft oder vererbt wird.

Problem Vermieterwechsel

Im Fall des BGH-Urteil hatte der Mieter von einer Person gemietet, die im Mietvertrag als Zwangsverwalter benannt war. Später wurde die Wohnung verkauft. Die neuen Eigentümer der Wohnung teilten dieses auch mit. Daraufhin zahlte der Mieter jahrelang die Miete an die Käufer.

Nach Jahren wurde dem Mieter die Wohnung gekündigt. Dem Grunde nach war die Kündigung berechtigt. Der Mieter konnte sich nur mit dem Argument wehren, hier hätte der Falsche gekündigt und ihn auf Räumung verklagt. Dieses Argument lässt sich auch umdrehen. Wenn die Käufer der Wohnung nicht Vermieter geworden wären, wäre auch fraglich, ob sie die Nutzung ihres Eigentums - und damit Räumung - hätten beanspruchen können. Schließlich haben die Käufer die Wohnung ja nie vermietet, sind auch nicht in den Mietvertrag eingestiegen.

Dieses grundsätzliche Problem bei jedem Vermieterwechsel regelt die Vorschrift des § 566 BGB, bekannt als Grundsatz »Kauf bricht nicht Miete«. Das bedeutet, dass ein Eigentümer, der vermietet hat, bei einem Verkauf des Grundstücks oder der Eigentumswohnung seinen Mieter zwangsläufig - weil gesetzlich zwingend vorgeschrieben - mitverkauft. Durch diese gesetzliche Regelung tritt der neue Eigentümer in den Mietvertrag ein - mit allen Pflichten und allen Rechten.

Das ist aber leider nur im Normalfall einfach. Die Regelung gilt nur dann, wenn der Verkäufer seinen Mieter mitverkauft, also nur für die Mietverhältnisse, bei denen der Eigentümer selbst Vermieter ist. Der BGH ist der Auffassung, dass diese Einschränkung beachtet werden muss, auch wenn diese so deutlich nicht im Gesetz steht.

Auf den Ausgangsfall bezogen wird es somit schwierig: Wer letztendlich die Person war, die als Vermieter im Vertrag steht, lässt sich kaum noch rekonstruieren. Möglicherweise war es tatsächlich ein Zwangsverwalter, der damit offen im Namen des einstigen Eigentümers vermietet hat. Dann wäre der Vertrag mit dem damaligen Eigentümer - vertreten durch den Zwangsverwalter - zustande gekommen, die Käufer hätten den Mieter samt Vertrag mitgekauft.

Was aber wäre, wenn dieses nicht der Fall war. Dann - so urteilt der BGH - spricht sehr viel dafür, dass die jetzigen Eigentümer den Mietvertrag durch einvernehmliche Regelung, juristisch im Wege einer sogenannten Vertragsübernahme, übernommen haben. Findet solch ein gesetzlicher Vertragsübergang nach § 566 BGB nicht statt, müssen sich alle drei Beteiligten - der Mieter, der ehemalige Vermieter und die neuen Eigentümer - darüber einigen, dass der Mietvertrag nunmehr auf Mieter einerseits und neuem Eigentümer andererseits übertragen wird. Aber dazu muss nichts erklärt werden, es reicht aus, sich unmissverständlich zu verhalten.

Im Beispielfall ist der Mieter in der Wohnung wohnen geblieben und hat die Miete an die neuen Eigentümer gezahlt. Diese wiederum haben über Jahre hinweg nicht nur die Miete entgegengenommen, sondern auch dem Mieter in vollem Umfang das Besitz- und Nutzungsrecht an der Wohnung gewährt. Der ehemalige Vermieter wiederum hat dieses alles gestattet, sich weder dagegen gewehrt, dass er keine Miete mehr bekommt, noch dass der Mieter dort wohnt.

Fragen ans Mietrecht

Damit war dieser rechtlich zunächst kompliziert erscheinende Fall gelöst. Alle Beteiligten haben sich eindeutig verhalten, damit ist das Mietverhältnis auf den neuen Eigentümer übertragen worden. Einfacher wäre es gewesen, hier auch den Grundsatz »Kauf bricht nicht Miete« anzuwenden. Das möchte aber der BGH nicht.

Um hier in Zukunft Missverständnisse und Prozesse zu vermeiden, muss der Gesetzgeber an dieser Stelle sinnvoll das Mietrecht reformieren.

Aus: Mieterforum Nr. 33, III 2013

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