Henkels 
Generalverdacht

Martin Kröger begrüßt die 
Verfassungsklage gegen das Abfilmen

  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn man mit Polizisten und Innenpolitikern der Koalitionsfraktionen über die umstrittenen Übersichtsaufnahmen von friedlichen Demonstrationen diskutiert, lauten die Argumente meist wie folgt: Für ein »umfassendes Lagebild« der Polizeiführer bei Großdemonstrationen seien solche Aufnahmen von Hubschraubern und Hausdächern aus eben unerlässlich. Warum? Dadurch würde die Grundlage für erfolgreiche Demonstrationen gelegt werden, betonte Innensenator Frank Henkel (CDU) einmal im Innenausschuss.

Wirklich überzeugend sind solche Argumente indes nicht. Viele Menschen, die das Demonstrationsrecht friedlich in Anspruch nehmen, fühlen sich einem Generalverdacht ausgesetzt, wenn sie beim Protest die ganze Zeit abgefilmt werden. Nun wird die Polizei nicht müde zu betonen, bei den sogenannten Übersichtsaufnahmen seien einzelne Menschen gar nicht zu identifizieren. Technisch ist eine solche, auch nachträgliche Identifikation jedoch nicht auszuschließen. Überhaupt irritiert der technische Umgang der Polizei mit der Problematik: Denn offenbar werden zurzeit für die Aufnahmen eben doch Kameras angeschafft, die in der Lage sind, heranzuzoomen. Auch, dass die Polizei die Kamerasignale nicht genügend verschlüsselt und die Teilnehmer nicht vernünftig über das Filmen informiert, verstärkt das Unbehagen mit den Übersichtsaufnahmen.

Insofern ist es richtig, dass das Verfassungsgericht das Gesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit abklopft. Das Versammlungsrecht ist ein hohes Gut der Demokratie. Niemals sollte es eingeschränkt werden. Und was, wenn der Verfassungsgerichtshof das Gesetz tatsächlich zu Fall bringt? Bei Gefahr können die Polizisten sowieso filmen. Und 2011 konnten die Behörden die rund 3500 Demonstrationen auch ohne Kameras erfolgreich über die Bühne bringen.

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