LKA verfügt über Staatstrojaner von umstrittener Firma

Kleine Anfrage von der SPD bringt Einsatz von Spähsoftware ans Licht

  • Ben Mendelson
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Überwachungssoftware »FinFisher« nutzten bereits Ägyptens Ex-Präsident Hosni Mubarak und Bahrains Innenminister Rashid bin Abdallah al Khalifa. Sie setzten das Computerprogramm gegen die Oppositionsbewegungen des »arabischen Frühlings« ein. Hergestellt wird die Software, die auch als »Staatstrojaner« bekannt ist, von der britisch-deutschen Firma Gamma International GmbH.

Auch Innensenator Frank Henkel (CDU) kaufte die Software für das Land Berlin. Dies wurde jüngst aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Sven Kohlmeier bekannt. Die Piratenfraktion betonte am Freitag, dass es sich »bei dem vom Landeskriminalamt erworbenen Staatstrojaner zur heimlichen Ausspähung von Rechnern um die gleiche Software« handele. Laut dem innenpolitischen Sprecher der Piraten, Christopher Lauer, hat die Anschaffung das Land Berlin 200 000 Euro gekostet. Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte im Mai dieses Jahres über den deutschen Vertreiber Elaman die fragwürdige Technologie erworben - allerdings für lediglich 150 000 Euro. Die Piratenpartei hat gegen das BKA Anzeige erstattet, da der Staatstrojaner aus ihrer Sicht einen grundlegenden Eingriff in die Privatsphäre darstellt.

Simon Weiß, Sprecher für Datenschutz der Berliner Piratenfraktion, erklärte: Dass auch das BKA über diese Technologie verfüge, sei bereits seit einiger Zeit bekannt, da man entsprechende Vertragsunterlagen eingesehen habe. Jedoch sei es ihm bislang nicht möglich gewesen, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, da unklar war, welche Informationen vertraulich zu behandeln sind. Dass der Senat dies nun am Rande einer Kleinen Anfrage herausgebe, bezeichnete Weiß als »unverschämt«.

»FinFisher« ermöglicht laut Piratenfraktion »weitgehende Eingriffe in Computersysteme, einschließlich des Aufzeichnens von Tastaturanschlägen und des Abfilmens des Bildschirms«. Dafür bestehe keinerlei Rechtsgrundlage, weshalb die Technologie nicht legal einsetzbar sei, so Weiß.

Vor diesem Hintergrund verschwende der Senat nicht nur öffentliche Mittel, sondern es werde sehenden Auges zudem »an Parlament und Öffentlichkeit vorbei eine Software angeschafft, die rechtswidrige Ausspähung ermöglicht«, kritisierte Weiß. Der Staat solle mit der Überwachung der Bevölkerung keine Geschäfte machen. Weiß fordert jetzt eine Ächtung des Software-Unternehmens, so wie sie bei Herstellern von Chemiewaffen und Landminen üblich sei.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal