Streit um den Haushalt der USA spitzt sich zu
Ab Dienstag droht der Regierung Obamas die Zahlungsunfähigkeit
In seiner wöchentlichen Rundfunkrede hatte Obama am Sonnabend den Kongress zur Verabschiedung eines Etats aufgerufen. Eine lahmgelegte Regierung würde der Wirtschaft schaden, warnte er. Die Bevölkerung habe »zu hart gearbeitet, um aus der Krise zu kommen, um nun Extremisten im Kongress zuzusehen, wie sie eine weitere Krise verursachen«. In der Nacht zum Sonntag verabschiedete eine Obama-feindliche Mehrheit im Repräsentantenhaus jedoch einen Entwurf, der die Gesundheitsreform verzögern will und sie an die Haushaltsdebatte knüpft.
Das neue Haushaltsjahr beginnt am 1. Oktober. Aber die Weiterfinanzierung der Regierung und ihrer Ausgaben steht in Frage. Denn nichts spricht dafür, dass sich Präsident Barack Obama und die beiden Kammern des Kongresses - Repräsentantenhaus und Senat - bis dahin auf einen Übergangshaushalt einigen werden. Im Senat verfügen Obamas Demokraten über eine Mehrheit. Die Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus aber will einen Etat nur dann verabschieden, wenn das Budget für Obamas wichtigstes Reformwerk, die Gesundheitsreform, massiv eingeschränkt und damit praktisch außer Kraft gesetzt wird. Diese »Obamacare« würde ab Januar kommenden Jahres eine teilweise staatlich subventionierte Krankenversicherung einführen und vor allem Millionen von armen US-Amerikanern helfen.
Ein »government shutdown« (Schließung der Regierung) würde bedeuten, dass die Regierung ihre Rechnungen nicht mehr begleichen darf. Zwar würden unbedingt notwendige Funktionen aufrechterhalten bleiben, etwa die Landesverteidigung, die medizinische Versorgung oder der von den Bundesbehörden verantwortete Flugverkehr. Aber wenn der Kongress unter dem Druck der Republikaner die Zahlungsunfähigkeit herbeiführt, müssten Hunderttausende von Beamten in einen Zwangsurlaub gehen.
Neben der Gesundheitsreform, gegen die sich vor allem die Rechtsaußen der mit den Republikanern verbündeten »Tea Party« mit Händen und Füßen sträuben, ist auch der Streit um die Schuldenobergrenze brisant. Denn ab Mitte Oktober werden die Schulden der USA die bisherige gesetzliche Grenze von 16,7 Billionen übersteigen. Damit die Regierung die Schulden weiter bedienen kann, muss ebenfalls der Kongress - also Repräsentantenhaus und Senat - die Obergrenze anheben. Erfolgt dies nicht, darf die Regierung ab 17. Oktober keine Kredite mehr aufnehmen. Leere Kassen würden bedeuten: keine Renten, keine Beamtengehälter und keine Schuldenbegleichung, etwa beim Gläubiger China.
Für Katrina vanden Heuvel, Herausgeberin der linksliberalen Wochenzeitschrift »The Nation«, kann sich die Republikanerpartei »die zweifelhafte Krone dafür aufsetzen, dass sie die USA-Regierung wieder einmal in ein neues Tief hineinmanövriert hat: Machtlosigkeit, Lähmung und Funktionsstörungen«. Dies sei nicht abstrakt auf das Zweiparteiensystem oder einen »gelähmten Kongress« zurückzuführen, wie Mainstream-Medien gerne kolportieren. Vielmehr sei die grundsätzliche Opposition der Rechten gegen Regierungsfunktionen und den öffentlichen Dienst der Grund dafür. Die USA-Rechte, insbesondere ihr fundamentalistischer neoliberaler Teil, sei der unbedingten Meinung, »allein der Markt solle die Verteilung von Wohlstand, Gütern und Dienstleistungen in der amerikanischen Gesellschaft regeln«.
Der letzte große Feldzug der Rechten, der zur Lähmung von Regierungsfunktionen geführt hatte, war von den Republikanern Ende 1995 für 26 Tage gegen die Regierung Clinton geführt worden. Laut einem Regierungsbericht kostete das Shutdown den Steuerzahler damals 1,4 Milliarden Dollar. Politisch schadete es den Republikanern mehr als den Demokraten. Die kalkulieren auch dieses Mal, dass das Chaos, das die Rechten verursachen, demnächst an den Wahlurnen quittiert wird.
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