«Großer Satan» und «Achse des Bösen»
Die schwierigen Beziehungen zwischen Washingon und Teheran
Mit dem ersten Telefonat eines US-Präsidenten mit seinem iranischen Kollegen seit der Revolution 1979 und einem direkten Treffen zwischen ihren Außenministern gibt es erste Schritte der Annäherung. Für zwei Staaten, die seit 33 Jahren keine diplomatischen Beziehungen unterhalten, bedeuten diese Kontakte eine spektakuläre Entwicklung.
Das Misstrauen auf beiden Seiten ist tief, und die Erblasten wiegen schwer. In Iran ist dies vor allem die Erinnerung an den Sturz des ersten demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Mohammed Mossadegh 1953 mit Hilfe des US-Geheimdienstes. Der populäre Mossadegh hatte sich die USA zum Feind gemacht, als er die Ölindustrie verstaatlichte. Sein Sturz brachte Schah Resa Pahlewi zurück an die Macht, der mit Unterstützung der USA mit harter Hand regierte.
Umgekehrt wirkt in den USA das Trauma vom 4. November 1979 nach, als radikale Studenten wenige Monate nach der Revolution die USA-Botschaft in Teheran stürmten, um dort 52 Geiseln mehr als ein Jahr lang festzuhalten. Sie fürchteten, dass der «große Satan» USA wie 1953 erneut eingreifen und Ayatollah Khomeini von der Macht verdrängen könnte. Freigelassen wurden die Geiseln erst am 20. Januar 1981 - dem Tag der Vereidigung von Jimmy Carters Nachfolger Ronald Reagan.
Seit dem Geiseldrama betrachten die USA Iran als feindseligen Staat. Die diplomatischen Beziehungen sind bis heute abgebrochen. Am Dienstag zeigte sich US-Präsident Barack Obama vor der UN-Vollversammlung New York jedoch offen für eine Annäherung. «Ich glaube fest, dass der diplomatische Weg ausprobiert werden muss», auch wenn beide Staaten ihre schwierigen Beziehungen «nicht über Nacht» überwinden könnten, sagte er.
Am Donnerstagabend sprach sein Außenminister John Kerry am Rande der 5+1-Gruppe, die mit Iran über dessen Atomprogramm verhandelt, erstmals persönlich mit seinem iranischen Kollegen Mohammed Dschawad Sarif. Am Freitagabend dann, kurz vor dem Abflug Ruhanis aus New York gab es das 15-minütige Telefongespräch mit Obama. Beide Präsidenten äußerten daraufhin die Hoffnung auf eine Lösung des Atomkonflikts.
Frühere Vorstöße zur Normalisierung der Beziehungen waren am Misstrauen der Gegenseite gescheitert. So hatte der iranische Reformpräsident Mohammed Chatami nach seiner Wahl 1997 den USA einen «Dialog der Zivilisationen» angeboten, war dort aber auf taube Ohren gestoßen. Nach dem 11. September 2001 verurteilte Iran die Anschläge. Bei dem Militäreinsatz gegen die Taliban und Al-Qaida in Afghanistan verhielt sich Teheran kooperativ.
Im Januar 2002 brandmarkte US-Präsident George W. Bush Iran dennoch als Teil der «Achse des Bösen». Als Teheran im Frühjahr 2003 einen umfassenden Vorschlag für Verhandlungen übermittelte, blitzte es damit ab. Umgekehrt wies Iran ein Angebot Washingtons zu direkten Gesprächen 2006 zurück. Noch sei es zu früh, um auf eine «große Verständigung» zwischen den USA und Iran zu hoffen, sagen nun Beobachter. Sie setzten auf «eine Diplomatie der kleinen Schritte». Zumindest die ersten Schritte sind getan.
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