»Er hat keine Antwort gegeben!«

Verzweifelter Vater eines NSU-Opfers sagte als Zeuge im NSU-Verfahren aus

  • Lesedauer: 2 Min.
Zwei Zeugen wurden am Dienstag bei der Verhandlung gegen Mitglieder und Helfer des rechtsextremistischen Terrornetzwerkes NSU besonders beachtet: Ismael Yozgat von schilderte, wie er seinen erschossenen Sohn fand. Ex-Verfassungsschützer Andreas T. sollte seine Anwesenheit am Tatort erklären.

München (dpa/nd-Heilig). Es war ein sehr emotionaler Moment, als der Vater des ermordeten Halit Yozgat schilderte, wie er seinen 21-jährigen Sohn ermordet in seinem Kasseler Internetcafé fand. Er sei am späten Nachmittag in den Laden gekommen, um seinen Sohn abzulösen, der zur Abendschule wollte. »Ich habe meinen Sohn in meine Arme genommen, aber er hat keine Antwort gegeben«, rief Ismail Yozgat. Und immer wieder voller Verzweiflung: »Er hat keine Antwort gegeben!« Als der Vorsitzende Manfred Götzl nachfragte, legte sich Yozgat auf den Boden, um die Position zu demonstrieren. Die Angeklagten verfolgten den Auftritt ohne sichtbare Regung.

Halit Yozgat wurde am 6. April 2006 von den Neonazi-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen, behaupten die Ankläger. Er war das neunte und letzte Opfer der Mordserie an türkisch- und griechischstämmigen Geschäftsleuten. Beate Zschäpe ist als Mittäterin an sämtlichen Anschlägen des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) angeklagt. Sie soll für die legale Fassade des Trios gesorgt haben.

Vater Yozgat beklagte, dass seine Familie von der Polizei immer wieder verdächtigt wurde, kriminellen Geschäften nachzugehen. »Wir haben uns fünfeinhalb Jahre nicht getraut, als Familie hinauszugehen. Alle haben uns feindselig angeschaut, sowohl die Deutschen als auch die Türken.«

Stunden nach seiner eigentlichen Ladung wurde der ehemalige hessische Verfassungsschützer Andreas T. befragt, der V-Leute im rechten Milieu führte. Er chattete im Café, als der Mord geschah, will aber nichts bemerkt haben. Als Zeuge meldete er sich nicht, weil er Angst vor privaten und dienstlichen Konsequenzen gehabt habe. Später verhinderte der Innenminister und heutige hessische Regierungschef Volker Bouffier (CDU) die direkte Vernehmung des Zeugen durch die Polizei. Vater Yozgat erinnert sich an Temme. Er sei mehrfach im Café gewesen, so oft, dass er ihn sogar mit Tee bewirtet habe.

Götzl befragte den Zeugen hart und präzise. Anwälte der Nebenklage beantragten, weitere Akten über frühere Ermittlungen gegen den Zeugen einsehen zu können.

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