Die Atombombe der NSA

René Heilig über Snowden und die neuen Säulen der Großmacht

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Was macht eigentlich Edward Snowden? Vor einigen Tagen hat sich der 30-jährige Whistleblower und ehemalige Geheimagent in einem ersten Video seit seinem Untertauchen in Russland gemeldet. Wann und wo es aufgenommen wurde, bleibt unbekannt. Spektakulär war es nicht.

Sein Medienkontakt Glenn Greenwald, verlässt seine Zeitung, den britischen »Guardian«. Ebay-Gründer Pierre M. Omidyar soll ihm ein »journalistisches Traumangebot« gemacht haben. Es handelt sich um eine neue digitale Plattform. Auf der sollen nicht nur Enthüllungen veröffentlicht werden. Politik, Technik, Sport und Unterhaltung - viele Interessen sind zu bedienen. Greenwald liefert aus Rio zu.

Wer auch immer noch zu dem klandestinen Enthüllerteam gehört, die Aufreger, die sie liefern, werden weniger. Das ist normal. Doch ab und zu blitzt immer noch eine neue Information unter dem gut aufgeschütteten Berg von geheimen Nachrichten hervor, die aus den Speichern des US-Dienstes NSA heruntergeladen wurden.

Am Mittwochabend war es die Handynummer der deutschen Bundeskanzlerin, die bei der NSA gespeichert war. Nachforschungen haben ergeben, dass der US-Geheimdienst allzu großes Interesse an Angela Merkel, der angeblich mächtigsten Frau der Welt, hegte. Das mag sie und ein paar ihrer blauäugigen Transatlanti-Freunde aufregen, ein wirklicher Aufreger ist es nicht.

Angesichts der zahlreichen Enthüllungen, die aufs Konto Snowden gebucht werden, kann man sich fragen, warum die mächtige NSA und ihre ebenfalls mächtigen in der US-Homeland-Security vereinten Partner das verräterische Treiben ihres Ex-Agenten nicht intensiver gestört oder gar verhindert haben. Schon um Präsident Obama manche Peinlichkeit zu ersparen.

Unterm Strich haben die Enthüllungen sogar einen Nutzen für die US-Geheimdienste. Snowden, der »Verräter«, hat der Welt indirekt mitgeteilt: Was immer wer wo zu welchem Zweck tut, vor der NSA kann man so gut wie nichts verbergen.

Im Kalten Krieg haben die Supermächte mit ihren Atombomben geprotzt und gedroht. Allen voran die USA. Die Bombe ist »out«. In unserer »modernen« Welt sind aktuelle, ungefilterte Informationen jeglicher Art aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Alltag und der Raub jeglicher Privatheit wertvoller als alles traditionelle Kriegsgerät.

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