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Berlin droht wegen EEG EU-Verfahren

Kraft und Altmaier werben für Industrieprivilegien

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) geht offenbar von einem Verfahren der EU-Kommission gegen Deutschland wegen der Energierabatte für bestimmte Unternehmen aus. Nach einem Gespräch mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Donnerstag in Brüssel sagte Kraft, Almunia sei »daran gebunden, dass er den Beihilfefall öffnen muss«. Kraft leitet derzeit mit Altmaier bei den Koalitionsgesprächen die Verhandlungsgruppe Energie.

Hintergrund des Treffens war, dass die EU-Kommission das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) kritisch beäugt. Denn das EEG billigt den Erzeugern von Ökostrom eine Abnahmegarantie zu. Um das zu finanzieren, gibt es eine Umlage für die Energiekunden. Viele Unternehmen sind aber in Deutschland von der Umlage befreit, zahlen also weniger, was ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Konkurrenten stärkt. Diese Befreiung könnte Brüssel als verbotene Staatshilfe werten. Sollte dies zutreffen, könnten deutsche Unternehmen nachträglich zur Kasse gebeten werden. Laut einem Sprecher Almunias ist die Entscheidung über ein mögliches Wettbewerbsverfahren noch nicht gefallen. »Wir prüfen dies in einem vorläufigen Stadium«, sagte er.

Kraft und Altmaier glauben nicht, dass die deutsche Regelung gesetzeswidrig ist. »Wir sind überzeugt, dass wir uns mit dem europäischen Recht kompatibel verhalten«, sagte Altmaier. Er und Kraft verwiesen darauf, dass die Bundesrepublik »die Energiewende arbeitsplatzfreundlich umsetzen« wolle. Deutschland unterscheide sich von anderen EU-Staaten, »weil wir massiv auf den Ausbau der Erneuerbaren setzen und Vorreiter sein wollen«, sagte Kraft. Firmen und Bürger würden über die Ökostromumlage zusätzlich belastet. Für viele Unternehmen bedeute das einen Wettbewerbsnachteil. »Wir wollen aber verhindern, dass diese Unternehmen deshalb ihre Arbeitsplätze ins Ausland verlagern.« Darum gebe es Ausnahmen für die, die einen hohen Verbrauch haben. Allerdings bräuchten manche Unternehmen gar keine Rabatte, erklärte Kraft.

Altmaier versprach, dass Deutschland seine »Arbeiten an der Reform des EEG mit einer besonderen Berücksichtigung der europäischen Problematik intensivieren« werde. Auch Kraft stellte die EEG-Reform in Aussicht.

Die deutsche Wirtschaftslobby schaltete sich ebenfalls in die Debatte ein. Der Branchenverband BDI warnte die EU-Kommission vor überhasteten Schritten. Mit der Eröffnung eines Hauptprüfverfahrens würde die Existenz ganzer Branchen gefährdet.

Dagegen nannte die LINKE-Umweltpolitikerin Eva Bulling-Schröter es nicht verwunderlich, »dass Brüssel die Industriesubventionen zur Debatte stellt«. Die Industrierabatte im EEG von 5,5 Milliarden Euro müssten private Verbraucher und kleine Unternehmen kompensieren. »Bleibt zu hoffen, dass EU-Kommissar Almunia Union und SPD einen Strich durch diese zum größten Teil ökologisch, wettbewerbsrechtlich und sozial höchst fragwürdige Rechnung macht«, erklärte Bulling-Schröter. Die Grünen fordern ebenfalls radikale Einschnitte bei den Industrierabatten, um die Bürger etwas zu entlasten.

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