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Partisanenkrieg in Tschetschenien

Keine Unterstützung für Rebellen durch Bevölkerung? Regierungstruppen erlitten schwere Verluste Russland Von Irina Wolkowa, Moskau

  • Lesedauer: 3 Min.

Es kam, was kommen musste: Bereits im Februar hatte der tschetschenische Präsident Aslan Maschadow Moskau aus dem Untergrund mit dem Partisanenkrieg gedroht. Nun ist er da.

Seit Monatsbeginn mussten die Kräfte der russischen Armee und des Innenministeriums gleich mehrere schwere Schlappen hinnehmen. Am 3. März überfielen Guerilleros eine Kolonne der Sondereinheiten des russischen Innenministeriums (OMON). Die offizielle Bilanz: 20 Soldaten wurden getötet, 29 schwer verwundet. Unabhängige Quellen veranschlagen die Verluste höher.

Drei Tage später fielen bei Kämpfen in der Schlucht des Argun-Flusses im Süden Tschetscheniens zwischen 70 und 80 russische Fallschirmjäger. Moskau, das zunächst empört dementierte, gibt die Wahrheit jetzt häppchenweise zu.

Seit Tagen tobt außerdem südwestlich von Grosny ein erbitterter Kampf um das Dorf Komsomolskoje, das angeblich seit Herbst fest in russischer Hand ist. Dabei hatte der stellvertretende Oberbefehlshaber der russischen Regierungstruppen im Kaukasus, Generaloberst Gennadi Troschew, Ende Februar verkündet, die militärische Seite der Anti-Terror-Operation sei im Prinzip beendet. Alles Weitere sei Sache der Polizei. Troschew wurden inzwischen von Verteidigungsminister Igor Sergejew korrigiert. Der wollte sich auf einen Termin für den Sieg nicht mehr festlegen lassen und wies Generalstabschef Anatoli Kwaschnin an, erneut den per sönlichen Oberbefehl über die Front im Kaukasus zu übernehmen.

Auch die Medien sind mit Siegesmeldungen sehr vorsichtig geworden. Der private Fernsehsender NTW orakelte sogar, der Ausgang der gegenwärtigen Kämpfe entscheide über den Erfolg der gesamten Operation. In der Tat: Ein »aufgeriebener und demoralisierter Gegner« - so bisher die Standardwendung der russischen Frontberichterstatter - kann sich nicht planvoll in vorbereitete Stellungen tief im Hinterland der russischen Streitkräfte zurückzuziehen, das angeblich schon vor Monaten »befreit« wurde. Schon gar nicht, wenn die Zivilbevölkerung »geschlossen hinter der neuen Macht steht«, wie das Staatsfernsehen bisher glauben machte. Seit neuestem dürfen dort Soldaten unwidersprochen Parallelen zu Afghanistan ziehen: Die Bevölkerung stehe hinter den Kämpfern, klagte ein Unteroffizier. Tagsüber mimen sie Harmlosigkeit, nachts ließen sie die Kämpfer wieder ins Dorf. Noch drastischer sagte es eine Russin, die vor über 30 Jahren nach Tschetschenien geheiratet hatte, vor laufender Kamera der privaten Konkurrenz: »Glauben Sie vielleicht, wir würden unsere Kinder den Besatzern ans Messer liefern?«

Nun rächt sich, dass Wladimir Putin unter dem Druck der Generalität Ver handlungen mit der tschetschenischen Führung zunächst rundheraus ablehnte: Durch die gezielte Demontage von Präsident Maschadow hat der tschetschenische Widerstand keine einheitliche Führung mehr. Der Krieg ist daher überall und nir gends, weshalb Moskau den Einsatz der Luftwaffe reduzieren muss. Weniger, um die tschetschenische Zivilbevölkerung zu schonen. Der unklare Frontverlauf erhöht vielmehr die Wahrscheinlichkeit, dass bei den »punktgenauen Bombenschlägen« die eigenen Stellungen getroffen werden.

Schaffen es die tschetschenischen Kämpfer, sich noch einen Monat über Wasser zu halten, wird es für Moskau noch schwerer. Der bergige Süden der Rebellenrepublik besteht aus weglosen mit Laubwald bestandenen Massiven. Kein Terrain für klassische Positionsgefechte, für die die Regierungstruppen ausgebildet sind, wohl aber für Partisanen.

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