- Politik
- Das Arbeiterkinderheim »MOPR« in Elgersburg
Eine Insel der Geborgenheit
Von Elke Pudszuhn
Die Villa Bauer, wie sie in Elgersburg genannt wurde, musste in den inflationären Zeiten der 20er Jahre vom Besitzer Heinrich verkauft werden. Als das Zentralkomitee der Roten Hilfe Deutschlands von den Verkaufsabsichten erführ, beauftragte es zwei Genossen, sich beim Amtsgericht Berlin-Mitte als «Quieta-Erholungsstätten GmbH» ins Register eintragen zu lassen und als solche die 1890 erbaute Villa zu erwerben. Die nötigen Gelder stellte die MOPR (Meschdunarodnaja organisazija pomostschi borzam revoluzii; Organisation zur Unterstützung der Kämpfer der Revolution). Die Gründung dieser Organisation war von den Delegierten des IV Weltkongresses der Kommunistischen Internationale am 30. November 1922 in Moskau beschlossen worden. Bereits 1924 zählte die MOPR 22 nationale Sektionen. Zum ZK der Internationale Rote Hilfe (IRH) gehör ten u. a. Julian Marchlewski, Wilhelm Pieck, Feliks Kon, Jelena Stassowa, Clara Zetkin. Die IRH kümmerte sich u. a. um die Kinder von eingekerkerten und er mordeten proletarischen Kämpfern. Das bekannteste Kinderheim der IRH war in Iwanowo. In Deutschland unterhielt die IRH über mehrere Jahre ein Heim in Worpswede und eben jenes in Elgersburg, das vor 60 Jahren, am 12. April 1925, in Anwesenheit von über 1000 Teilnehmern durch Wilhelm Pieck, Leiter der Roten Hilfe Deutschlands, übergeben worden war und den Namen «MOPR» erhielt.
In den Jahren 1925-1928 bot das Elgersburger Heim Kindern aus allen Teilen Deutschlands wie auch aus Bulgarien und Österreich eine Insel der Geborgenheit. Bis 1932 nutzte die KPD das Haus für Schulungs- und Erholungszwecke. Hier konnten Genossen von erlittenen Qualen in Zuchthäusern und Gefängnissen genesen, so Ernst Schneller und Albert Kuntz.
Am 18. März 1933 wurde das Haus von den Nazis beschlagnahmt und der Hitler jugend Thüringen zur Nutzung überlassen. Im Mai 1942 bekam die Kriegsmarine-Stiftung Ostsee in Kiel das Heim, in das nun Kinder von Marineangehörigen und aus bombardierten Gebieten um Kiel eingewiesen wurden. 1945 übergab die Sowjetische Militäradministration Thüringens das Haus der Volkssolidarität als Kinderheim. 1949 wurden das Gebäude und Grundstück der Landesleitung Thüringen der SED anvertraut und bis 1990 von der SED-Bezirksleitung Suhl verwaltet. 1995 erfolgte im Ergebnis eines Ver gleiches mit der Unabhängigen Parteienkommission deren Übergabe wieder in die Hände der PDS. In deren Auftrag verwaltet die «VULKAN Gesellschaft für Grundbesitz mbH» das heutige Hotel «Am Wald».
Aus Anlass des 75. Jahrestages der Er Öffnung des MOPR-Heimes findet im Hotel vom 12. bis 20. April eine Woche der Begegnungen statt, zu der Bundes- und der Landesvorstand der PDS Thüringen, die Rosa-Luxemburg-Stiftung der PDS sowie das Jenaer Forum für Bildung und Wissenschaft einladen. Zur Eröffnung der ständigen Ausstellung zur Geschichte des MOPR-Heimes, die 1990 ausgelagert und im ehemaligen Kinderheim Worpswede gezeigt worden ist, wird PDS-Geschäftsführer Dietmar Bartsch sprechen. Es wird eine neue Publikation zur Geschichte und Tradition des Hauses vorgestellt, und es wird Begegnungen mit Zeitzeugen sowie Lesungen mit Hans Modrow und den Historikern Gerd Kaiser und Kurt Pätzold geben.
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