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mm Owus versucht den Neuanfang

PDS-naher Wirtschaftsverband mit Problemen Von Andreas Fritsche

  • Lesedauer: 4 Min.

Es gibt ein legitimes Profitinteresse, heißt es aus dem PDS-Vorstand. Wie legitim ist die Forderung linker Unternehmer nach Aufträgen von der PDS, fragte eine Owus-Tagung am Wochenende.

Meine Akzeptanz außerhalb der PDS ist größer als innerhalb«, sagte ein Mitglied des seit 1994 existenten PDS-nahen Offenen Wirtschaftsverbandes von klein- und mittelständischen Unternehmern, Freiberuflern und Selbstständigen (Owus). Er bezog sich damit auf einen Satz im Minderheitenvotum zum neuen Parteiprogramm, wonach Kapitalisten keine sozialistischen Ideale vertreten könnten.

Solche Vorwürfe musste er sich auf dem Workshop »Owus-Strategie 2000 plus« am Wochenende im Kongress-Hotel Ber lin-Rahnsdorf nicht anhören. Dieter Klein vom PDS-Vorstand billigte Unternehmern auch im Sozialstaat ein legitimes Profitinteresse zu. Es müsse einen Markt geben, nicht jedoch den derzeitigen, sondern einen mit Raum für kleinere und mittlere Unternehmen. Die PDS solle allerdings dafür eintreten, die Profitdominanz großer Firmen zu brechen.

»Auch der Sozialismus braucht Unter nehmer«, meint PDS-Vizevorsitzender Diether Dehm, in der SPD einst Chef von 43 000 selbstständigen Sozialdemokraten. Seine Erklärung, nicht jeder Unter nehmer sei Kapitalist, erntete den heiteren Zwischenruf: »mangels Kapital«. Und das ist für Dehm Anlass, die Marxsche Definition von Proletariat sehr weit zu fassen. Für ihn fallen auch die Unternehmer darunter, deren Firmen ein klägliches Eigenkapital von nur acht Prozent haben.

Diese Erkenntnisse möchte der Owus per Bildungsarbeit in Zukunft in die Gesellschaft und auch in die PDS tragen. Zunächst einmal muss er sich ganz fundamental um seine eigene Zukunft kümmern. »Owus ist kurz vor dem Abnippein«, formulierte es ein Owus-Mitglied unter der Hand drastisch gegenüber ND. Die Präsenz hochkarätiger Abgeordneter und Funktionäre der PDS zeige, dass die Partei das begriffen und zugleich eingesehen habe, man würde sie für das Ende des Verbandes mitverantwortlich machen.

Dass Owus zumindest in der Vergangenheit vor dem Auseinanderbrechen gestanden habe, gibt auch der Bundestagsabgeordnete Rolf Kutzmutz (PDS) zu. Kutzmutz, zugleich Vorstandsvorsitzender von Owus Berlin-Brandenburg, räumt Probleme wie Mitgliederschwund und eine nicht üppige Verbandskasse ein. Zumindest was die Finanzen betreffe, habe es jedoch zuletzt einen positiven Trend gegeben. »Es entwickelt sich«, verspricht er und macht vage Hoffnungen auf einen hauptamtlichen Geschäftsführer. Der der zeitige, der Wilhelmshorster Unternehmensberater Karsten Balzer, muss sich noch um seine eigene Firma kümmern.

Owus hat in Thüringen und Sachsen- Anhalt nicht mehr als je zehn Mitglieder. Viel stärker als in Sachsen (20 Mitglieder), wird dort um das Überleben der Organisationsstruktur gerungen. Mit etwa 120 Mitgliedern hat der Landesverband Ber lin-Brandenburg die besten Voraussetzungen. Allerdings gab es in der Vergangenheit schädliche Reibereien zwischen Berlinern und Potsdamern, war zu ver nehmen. Die Berliner pochten nach Dar Stellung des Potsdamers Kutzmutz stärker auf ihre Unabhängigkeit, wollten aber trotzdem möglichst viele Aufträge von der PDS. Für die Mitgliedervollversammlung am 15. April erwartet Kutzmutz eine Neuorientierung. Gar von einem »Neuanfang« sprach der PDS-Europaparlamentarier Hans Modrow- Man müsse aber fragen, wo die Steine im Schuh gewesen waren, und ob noch welche drin sind, ehe der Schuh wieder angezogen werde.

Potenzen für einen Neuanfang sind vor handen. Als wertvoll eingeschätzt werden die Owus-Kontakte nach Polen, Tschechien, Bulgarien und in die Ukraine. Geschwärmt wurde von Generaldirektoren aus Osteuropa, die Hans Modrow »anbringe«. Die Mehrzahl der Mitglieder mit ihren »ein bis anderthalb Mitarbeitern« sei jedoch nicht in der Lage, mit denen zu kooperieren. Mit dem Pfund solcher Kontakte möchte man in Zukunft bei der Mitgliederwerbung wuchern. Außerdem besteht die Hoffnung auf mehr Aufträge von der PDS und von PDS-geführten Kommunen. Bisher seien die Angebote von Owus-Firmen allerdings deutlich teurer als die der Konkurrenz gewesen, kritisiert Kutzmutz. Hier steht die PDS vor einem Dilemma, denn mit Unternehmern, die nicht Tarif zahlen, wollte sie eigentlich politisch nichts zu tun haben. Wer keine Tarife zahlt, kann aber leicht unterbieten. Darüber muss gesprochen werden.

Nicht mehr sprechen mit den PDS-Unternehmern will die AG Betrieb&Gewerk Schäften der Partei. Laut Dehm hat zum Zerwürfnis geführt, dass bei einem Treffen von AG und Unternehmern die Vokabel »Gewerkschaftsbonzen« gefallen sei. Dehm stellt aber klar- Er könne Verständnis für einen Unternehmer haben, der nicht Tarif zahle. Die PDS dürfe gleichwohl nicht hinter Forderungen der Gewerk Schäften zurückfallen.

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